Aktuelle Einträge auf Facebook

Es fehlt uns leider inzwischen die Zeit für lange Tagebucheinträge. Aktuelle kürzere Einträge gibt es aber immer wieder auf Maels Facebookseite.


2018 - ein neues Jahr beginnt....

Mit Beginn des neuen Jahres hatte ich mal wieder das Bedürfnis, zurück zu schauen und ein paar Zeilen zu schreiben. Denn auch wenn ich etwas weniger schreibe auf Maels Seite, gibt es nach wie vor sehr Vieles, das uns und unsere Kinder bewegt und beschäftigt. Ein Jahr ist also wieder vorbei. Ein Jahr ist generell im Leben eines Kindes mit NPC eine lange Zeit. Denn niemand kann voraussagen, wie sich das Kind in diesem Jahr entwickelt, ob es stabil bleibt oder ob die Krankheit sich still aber unaufhaltsam ins Leben des Kindes schleicht und sich in neuen Bereichen zeigt. Leider haben Kinder mit NPC viel zu oft zu wenig Zeit und zu wenige Jahre. Zu wenig Zeit um gesund zu sein, um gross zu werden und Träume verwirklichen zu können. Darum kann nur ein Jahr eine halbe Ewigkeit sein und das Bewusstsein dafür hilft uns immer wieder, das zu geniessen, was wir an Glück in unserem Leben haben.

Seit Sommer 2016 nimmt Mael an einer klinischen Studie in England teil und trotz der grossen Belastung, haben wir das alles sehr gut gemeistert. Die Studie ist keineswegs einfach und die Belastung vor allem für Mael sehr gross. Ein ganz spezieller Besuch im Rahmen der Studie war sicherlich, als wir von einer tollen Journalistin begleitet wurden. Der daraus entstandene Film hat uns selber sehr berührt und gibt einen schönen Eindruck in unser und vor allem in Maels Leben mit Niemann Pick C.

Maels Krankheitsverlauf hat sich zum grossen Glück so entwickelt, wie wir es vor einigen Jahren nicht erhofft haben. Mael ist nun bald 10 Jahre alt und kann sehr viele Dinge noch sehr gut. Er spricht und lacht, läuft und bewegt sich noch ziemlich uneingeschränkt und kann in sehr vielen Bereichen im Leben aktiv und voller Freude teilnehmen. Er geht nach wie vor in Udligenswil in die Schule und ist mit der Extra-Hilfe gut aufgehoben. Es gibt sie, die ersten Einschränkungen und Hürden, aber Maels sonniges Gemüt hilft ihm und uns sehr fest, damit gut klarzukommen. Nach wie vor lässt uns die Ungewissheit und das Wissen, was kommt, unsere Herzen immer wieder einfrieren.

Inzwischen ist Maels Bewusstsein schärfer geworden und er hat sehr wohl verstanden, dass er eine sehr schlimme und unheilbare Krankheit hat. Er weiss, dass er ohne eine Heilung behindert werden und er all seine wunderbaren Fähigkeiten verlieren wird. Er weiss es und doch kann er es wohl noch nicht ganz verstehen. Wie auch? Es ist ja auch für uns und alle, die mit diesem wundervollen Kind in irgendeiner Form zu tun haben, schlicht und einfach unvorstellbar. Mael weiss auch, dass er mit grosser Wahrscheinlichkeit früher sterben wird. Es gab deshalb in diesem Jahr einige sehr schwierige Momente mit Tränen und Kummer, die kaum auszuhalten waren. Auch seine Brüder wissen es. Es gab natürlich auch bei ihnen immer wieder Momente, in denen ihre kleinen Seelen damit nicht klarkamen. Jeder drückt es anders aus, aber diese Gefühle der Angst sind hier. Dann stark zu sein, wenn Maels kleiner Bruder schluchzend sagt, dass er Mael so gern hat, dass er ein lieber Bruder ist und er Angst hat, dass sein Bruder sterben muss, ist fast unmöglich. Dann für die Kleinen da zu sein, wenn sie plötzlich ein ganz schlechtes Gewissen haben, weil sie mit Mael gestritten haben und sie das doch nicht wollen, weil er einmal nicht mehr da sein wird, verlangt sehr viel Stärke, die ich in solchen Momenten kaum habe. Solche Momente sind schwierig. Manchmal weine ich einfach mit ihnen und halte sie nur. Denn zu mehr ist mein Herz in diesen Momenten nicht fähig. Immer wieder tröstend für uns alle ist die Tatsache, dass es Mael jetzt im Hier und Heute gut geht und er sehr glücklich ist. Auch darum, weil er seine Geschwister hat, mit denen er lachen und streiten darf und mit denen er einfach ganz normal sein kann. Das hilft gerade seinen Geschwistern sehr fest. Aber es bleibt eine Herausforderung für uns alle und wir hoffen fest, dass wir auch diese annehmen können und einen Weg finden, auf diesem Weg des Verlierens.

Vielleicht haben Maels Geschwister in diesem Jahr deshalb öfter Angst um ihn gehabt, weil Maels Gesundheitszustand in diesem Sommer nicht gut war. Nicht neurologisch, sondern eher aufgrund seiner viel zu grossen Milz und den Komplikationen, die es dadurch geben kann. Im Sommer waren Maels Blutwerte aufgrund diverser Infektionen sehr tief und er war offensichtlich krank. Seine Milz wurde noch grösser und ein Aufenthalt im Spital war unumgänglich. Ihn so schwach und verletzt zu sehen, war für uns alle schwierig. Nach einer schwierigen Zeit erholte er sich allmählich wieder und es war umso schöner, als wir unseren aufgestellten und sonnigen Jungen wieder hatten. Gerade in dem Moment, in dem es ihm endlich besser ging und er wieder Kraft und Energie hatte, kam aber ein sehr grosser Rückschlag, der uns etwas aus der Bahn warf. Mael erlitt aufgrund der wiederholten Lumbalpunktionen im Rahmen der Studie eine sehr schmerzhafte Nebenwirkung, die niemand so vorausgesehen hatte. Er hatte grausame Rückenschmerzen und ein MRI zeigte ein erschreckendes Bild. Plötzlich war alles in Frage gestellt und die Vorwürfe, das schlechte Gewissen und die Angst um ihn waren unglaublich belastend. Ein weiterer Spitalaufenthalt wurde notwendig und es kam die Zeit, in der wir nicht wussten, wie es weitergehen soll. Mael signalisierte zum ersten Mal ganz klar, dass das so für ihn zu viel ist und es tat uns unendlich weh, ihn so leiden zu sehen. Eine Weiterführung der Studie unter diesen Umständen war unmöglich und doch konnten und wollten wir diese Chance, seine einzige Chance im Moment, nicht loslassen. Entscheidungen standen an, die mich persönlich an meine Grenzen gebracht haben. Entscheidungen, die sehr wegweisend und doch kaum zu fällen waren, weil niemand uns genau sagen konnte, was nun zu tun ist und was passieren wird.

Nach einer mehrwöchigen Studienpause haben wir uns Mitte Oktober zu einem Entscheid durchgerungen. Mael erhielt in Birmingham einen intrathekalen Port, mit dem er weiterhin das Medikament im Rahmen der Studie erhalten kann. Dieser Port ist seitlich an seinen Rippen implantiert und führt unter der Haut mit einem dünnen Schlauch direkt zum Liquorraum beim Rückenmark, wo er mit dem Hirnwasser verbunden ist. Der Entscheid für diese neurochirurgische Operation war alles andere als einfach. Denn die Operation war aufgrund seiner Vorgeschichte mit den Problemen am Rücken viel schwieriger und darum auch riskanter. Zudem musste der Eingriff in Birmingham durchgeführt werden und Mael musste mehr als eine Woche dort im Spital sein. Mael war der erste Patient weltweit, der im Rahmen dieser Studie einen intrathekalen Port bekam. Dementsprechend hoch war auch die Anspannung auf Seite der Ärzte und der Studienführung und es wurden sehr viele intensive Abklärungen gemacht. Schon im Voraus sprachen wir mit Mael und seinen Geschwistern über diesen Port und versuchten ihnen zu erklären, wieso dieser Eingriff notwendig ist und was das alles bedeutet. Sie alle mussten verstehen, dass Mael ohne den Port keine Chance mehr auf das Medikament gehabt hätte und wir alles tun, um die bestmögliche Entscheidung für ihn und sein Leben zu fällen. Mitte Oktober war es dann soweit. Die Anspannung war riesig. Maels Operation dauerte viel länger als geplant. Das Gefühl, unseren tapferen Helden wieder in die Arme schliessen zu dürfen, war so erleichternd! Die lange und schwierige Operation hat aber sehr viel von ihm abverlangt und nun musste er sich erholen. Und das war nicht ganz so einfach, wie wir es gehofft haben. Nach einer Woche im Spital in England durfte er wieder nach Hause. Er brauchte Zeit, um sich von dem grossen Eingriff zu erholen.

Inzwischen sind aber schon einige Wochen vergangen und Mael hat sich zum grossen Glück ganz erholt. Seinen kleinen Freund nennt er liebevoll Portli und er hat ihn sehr gut akzeptiert. Auch das ist wieder so typisch für Mael, der einfach aus jeder Situation das Beste macht und unglaublich tapfer ist. Mael braucht aufgrund seiner grossen Milz so oder so mehr Schutz als gesunde Kinder. Nun müssen wir natürlich noch etwas mehr auf ihn aufpassen, um den Port nicht zu beschädigen. Es kann durchaus mit dem Port auch Probleme geben, die eine weitere Operation nach sich ziehen würde. Das alles mussten wir bei unserer Entscheidung in Erwägung ziehen. Aber es gibt auch einen ganz grossen Vorteil, von dem Mael nun schon profitieren konnte. Mit dem Port braucht Mael keine Vollnarkose und keine Lumbalpunktion mehr. Das Medikament kann nun sehr einfach und schmerzfrei via den Port gespritzt werden. Da die Behandlung sehr schnell geht, können wir sie sogar an einem Tag machen, was für uns alle von grossem Wert ist.

So fliegen wir also auch in diesem Jahr alle zwei Wochen nach Birmingham in unser Land der Hoffnungen. Nun aber am Morgen hin und am Abend zurück. Immer wieder schaue ich dabei aus dem Fenster und spüre diese Hoffnung, die uns jeweils begleitet auf unserem Flug über den Kanal. Es bleibt unsere Reise der Hoffnung und wir hoffen ganz fest, dass Maels Reise des Lebens noch viel länger und lebendiger sein wird. Denn die Hoffnung geben wir nach wie vor nicht auf. Auch fürs neue Jahr, indem ich mir für Mael und seine Geschwister vor allem Gesundheit und ganz, ganz viele Glücksmomente wünsche.

Claudia Oetterli


Juni 2016 - Die Studie beginnt....

Soeben habe ich den letzten Tagebucheintrag auf Maels Website gelesen. Ein ganzes Jahr ist das nun schon her! Ich denke darüber nach, was in dieser Zeit so alles passiert ist und die Dankbarkeit, dass eigentlich sehr viel und doch nicht viel passiert ist, überwiegt.

Mael geht es gut und ist mehr oder weniger stabil. Zumindest sichtbar. Die Lernprobleme in der Schule haben zwar zugenommen, aber zum grossen Glück hat es Mael nicht emotional geschwächt, so dass er bis heute gerne in die Schule geht. Wir haben aber entschieden, dass Mael die zweite Klasse nochmals machen wird. Es war ein reiner Bauchentscheid. Denn normalerweise wiederholen Kinder wie Mael die Klasse nicht mehr, sondern man passt die Lernziele entsprechend an. Eigentlich wäre das normal. Aber irgendwie ist halt bei Maels Weg nichts normal und so haben wir auf Mael gehört, der selber signalisiert hat, dass er nochmals in die zweite Klasse gehen will. Und da er in einer Mischklasse ist, ist das auch wegen seinen Schulkameraden nicht so problematisch.

Ein weiterer Grund, wieso wir diesen Schritt gemacht haben, ist auch die Medikamentenstudie, von der wir schon einige Jahren wissen und nun schon lange warten. Nun ist es wirklich endlich soweit. Mael wird die Chance erhalten, an der Studie teilzunehmen. Zwei Jahre werden wir jeden zweiten Dienstag mit ihm nach Birmingham reisen um dort am Children’s Hospital an der Studie mit dem Wirkstoff Cyclodextrin teilzunehmen. Das Prozedere ist schwierig. Da das Medikament mit einer Lumbalpunktion verabreicht wird, brauch Mael eine kurze Narkose.

Wir wissen nicht, ob Mael in die Gruppe kommen wird, die das Medikament wirklich erhält oder, ob er nur ein Scheinprozedere bekommen wird. Auch wissen wir nicht, ob er die zu erwartende Nebenwirkung des Hörverlustes haben wird. Wir wissen nicht, ob dieses Medikament wirklich wie erhofft die Krankheit verlangsamen oder noch viel besser stoppen kann. Wir wissen es nicht. Wir wissen einfach, dass NPC ihm früher oder später alles nehmen wird. Alles! Und wir tun einfach alles was wir können, um ihm dieses Schicksal so gut es geht zu ersparen. Wir nehmen viel in Kauf und die Belastung für ihn und uns alle wird gross sein. Aber tief in unseren Herzen wissen wir, dass wir und speziell Mael das schaffen können!

Und wenn wir merken, dass wir den falschen Weg für ihn gewählt haben, dann hoffe ich fest, dass wir den Mut haben werden, für ihn und sein Leben einen anderen Weg zu nehmen. Aber nun schlagen wir diesen Weg der Hoffnung ein und hoffen so sehr, dass wir Mael mit unserer Entscheidung etwas Gutes tun! Wenn er nur ein paar Jahre länger sprechen könnte – ein paar Schritte und Spuren mehr auf dieser Welt hinterlassen dürfte, etwas länger von seiner wunderbaren Welt erzählt – etwas mehr vom Leben sieht und wir mit ihm all die schönen Dinge des Lebens erkunden dürfen - dann sind wir schon zufrieden.

Wenn ich diese Worte schreibe und nochmals lese, dass Mael nun wirklich in der Studie anfängt, dann kann ich es selber fast nicht glauben, dass wir es geschafft haben! Denn ohne unseren unermüdlichen Einsatz und all die intensiven Stunden, die wir in irgendeiner Form mit dieser Studie verbracht haben, wäre das nicht möglich gewesen! Es war kein leichter Entscheid, ihn in diese Studie zu bringen. Ich weiss noch, wie ich kurz nach der Diagnose vor sechs Jahren zum ersten Mal von diesem Wirkstoff Cyclodextrin hörte. Es war damals schon ein erster, kleiner Lichtblick. Dieses Licht wurde dann in den Jahren mit den ersten positiven und hoffnungsvollen wissenschaftlichen Resultaten und Untersuchungen immer heller und stärker und doch wurde auch immer klarer, dass auch dieses Medikament zwar eine Chance, aber keine Heilung sein könnte. Aber dennoch ist es Maels grösste Chance, wenn wir langfristiger versuchen zu denken.

Nebst dieser Medikamentenstudie laufen noch zwei andere Studien und es gibt weitere Ansätze in der Forschung, die vielleicht den ersehnten Erfolg bringen werden. Es wird niemals nur ein Medikament geben gegen diese schreckliche Krankheit. Die Zukunft wird eine Kombinationstherapie sein. Aber bis es soweit ist, wird viel Zeit vergehen. Vielleicht können wir Mael etwas Zeit schenken und vielleicht wird in dieser Zeit sogar ein weiterer Ansatz in der Forschung vorwärtskommen. Vielleicht kommt alles anders, als wir es im Moment befürchten müssen und vielleicht können wir mit der Teilnahme an dieser Studie auch anderen Kindern, die in Zukunft mit NPC geboren werden, eine Chance auf ein Leben geben. Dieser Gedanke hilft mir immer wieder, wenn die Angst wieder stärker als die Hoffnung ist und ich daran zweifle, ob wir nun auf dem richtigen Weg sind.

Ganz entscheidend wird sein, dass wir als Eltern gemeinsam diesen Entscheid fällten konnten. Denn alleine würde ich das alles einfach nicht schaffen. Wir werden während dieser Zeit viele liebe Menschen um uns brauchen, die uns helfen, das alles nebst dem normalen Alltag mit vier Kindern zu schaffen. Ganz, ganz grosse Hilfe werden wir bestimmt von unseren Familien bekommen und ich weiss auch, dass es auch hier im Dorf viele Hilfe geben wird, wenn wir sie wirklich brauchen. Wir sind nicht alleine. Und das tut uns so gut. Danke auch euch, die mitlesen, mithoffen, an uns denken und uns Kraft geben.

Wir schätzen es so sehr!

Claudia Oetterli


Sommer 2015 - Der Weg...

Viel Zeit ist vergangen seit meinem letzten Tagebucheintrag im Oktober. Viel Schönes, viel Wunderbares und leider auch einiges Schweres ist seit dieser Zeit passiert. Es war etwas ruhig auf Maels Website. Denn die Energie zu schreiben fehlte mir mehr und mehr seit dem Herbst. Der Grund für Mamas Müdigkeit durften wir am 20. Februar 2015 mit riesiger Freude und Dankbarkeit verkünden. Mael wurde zum 3. Mal grosser Bruder und wir alle schlossen unsere Kleine, unser riesiges Glück Ella Maline, in unsere Herzen. Wir haben bewusst nicht im Voraus kommuniziert, dass wir nochmals ein Kind erwarten. Denn wir wollten uns etwas schützen und niemandem Rechenschaft ablegen, wieso wir noch ein Kind bekommen. Umso schöner war es dann zu erfahren, wie viele sich mit uns über die Geburt von unserer Prinzessin gefreut haben. Am meisten haben sich aber unsere drei Jungs gefreut. Sie konnten es alle kaum mehr erwarten, ihre kleine Schwester endlich zu sehen. Nie mehr werde ich das Strahlen in den Gesichtern meiner Jungs vergessen, als wir mit Ella vom Spital heim kamen. Spätestens in diesem Moment wussten wir, dass sich unser Vertrauen ins Leben gelohnt hat und es der absolut richtige Entscheid für uns war, nochmals ein Kind zu bekommen. Denn erst jetzt sind wir komplett. Liebe ist das größte Geschenk, das man geben und bekommen kann. Und die Liebe ist auch unsere Quelle, die uns hilft, Tag für Tag zu nehmen und die Hoffnung nicht aufzugeben. Es ist so schön zu sehen, wie sehr Mael, Lian und Nevin ihre kleine Schwester Ella lieben und wie glücklich sie sind, dass wir sie haben. Wir sind so dankbar, dass wir Mael, Lian und Nevin dieses große Geschenk nochmals machen durften und geniessen unser Kleeblatt so sehr!

Die Geburt von Ella ist das Wunderbarste, was in diesem Winter passiert ist. Aber der Winter hat auch einiges Schweres gebracht. Glück und Leid. Es liegt in unserem Leben sehr nahe beisammen. Nur wenige Wochen vor der Geburt ging es Mael sehr schlecht. Er hatte eine virale Lungenentzündung und war eine Woche im Spital und danach noch mehrere Wochen sehr geschwächt und hat sich bis heute nicht ganz von diesem Infekt erholt. Mael hat zum Glück relativ wenige Infekte oder andere Kinderkrankheiten und doch kämpft sein Körper täglich gegen seine Krankheit, die in jeder Zelle seines Körpers schlummert. Darum nimmt ihn ein normaler Infekt auch so mit. Es tat so weh, ihn so schwach zu sehen. Und es war ein brutaler Blick in Maels Zukunft. Wir haben ihn im Spital und auch zu Hause liebevoll umsorgt, ihn an den Tisch getragen und beim Gehen gestützt, ihm im Wagen spazieren gefahren, waren zur Kontrolle im Spital, er sprach kaum und war sehr schläfrig. So stell ich mir es vor, wenn die Krankheit mehr und mehr fortschreitet. Ein Gedanke, den ich schnell wieder beiseiteschieben musste, um die Kraft für ihn nicht zu verlieren.

Erst jetzt haben wir wieder das Gefühl, dass sich Mael fast ganz von der Lungenentzündung erholt hat. Zwischenzeitlich war es nicht zu übersehen, dass der Infekt Spuren hinterlassen hat auf seinem Weg. Spuren, die leider den Weg zurück gehen, den er bis jetzt gemacht hat. Maels Gesundheitszustand wurde in vielen Bereichen schlechter und die Angst, dass das Leben des Abschiednehmens nun wirklich gekommen ist und wir zusehen müssen, wie er alles verliert, war unerträglich gross. Grobmotorisch macht Mael kaum mehr Fortschritte und er ist immer wieder sehr müde und schlapp und hat Mühe mit dem Gleichgewicht. Er ist zwar wieder aktiver und spielt gerne und oft Fussball oder bewegt sich viel im Garten. Aber auch das hinterlässt Spuren. Seine Knie sind vom vielen Hinfallen ganz blau und offen. Er ist so ein tapferer Junge und macht nach einem Sturz wieder da weiter, wo er vorher hingfallen war. Wir möchten ihm dieses Glück, wenn er Fussball spielt nicht jetzt schon nehmen und darum lassen wir ihn. Immer hoffend, dass er sich nicht verletzt und er als Sieger vom Platz geht.

Nebst den körperlichen Schwächen wurde uns zum ersten Mal bei einem Gespräch in der Schule auch schmerzlich bewusst, dass er auch im kognitiven Bereich Probleme hat und er Lernschwächen zeigt. Die Motivation für die Schule ist leider auch gesunken und wir sehen diesen Willen zu lernen nicht mehr so wie am Anfang der Schule. Die Gratwanderung zwischen Förderung und Überforderung ist enorm schwierig und ich komme deswegen auch oft an meine Grenzen. Wie soll man auch ein Kind grossziehen, das eigentlich keine Chance hat gross zu werden? Wie soll man einem Kind etwas beibringen, immer wissend, dass es wieder verloren gehen wird? Hier hilft einmal mehr nur die Hoffnung, dass er doch noch eine Chance hat. Und so halte ich es aus.

All diese Angst, all dieser Schmerz und all dieses Wissen vom Weg, den er rückwärts machen wird, ist unerträglich schwer. Von Eltern, deren Kinder bereits alles verloren haben oder sogar gestorben sind, habe ich oft gehört, dass man lernt mit diesem Abschiednehmen umzugehen und man langsam reinwächst in den Tod seines Kindes. Vielleicht mag das stimmen, weil man einfach keine Wahl hat und wir das Beste aus dem Leben machen möchten, das wir alle haben. Maels Krankheit hat uns viel genommen und wird auch sein kostbares Leben nehmen. Aber unser aller Leben und die vielen schönen Momente darf die Krankheit nicht auch noch nehmen. Darum kämpfen wir auch so sehr für ein möglichst normales Leben für uns und unsere Kinder.

Und der Kampf ist zum Glück nicht ganz aussichtslos. Auch wenn es Tage gibt, wo ich kein Licht am Ende des Tunnels und kein Funken der Hoffnung spüre. Die Hoffnung ist für uns nach wie vor die Forschung. Seit mehr als zwei Jahren hoffen und bangen wir, dass es eine experimentelle Therapie mit dem Wirkstoff Cyclodextrin gibt. Dieses Medikament könnte helfen, die Krankheit zu verzögern und den Patienten ein längeres und beschwerdefreieres Leben zu geben. Wir haben inzwischen gelernt, dass alles viel langsamer läuft als es uns lieb ist und es für jedes Kind mit NPC ein Wettlauf gegen die Zeit ist. Inzwischen ist die Forschung aber einen Schritt weiter und doch bringt sie neue, grosse Herausforderungen und ganz, ganz schwierige Entscheidungen mit sich. Bis Ende dieses Jahres sollen weitere Patienten für die laufende Studie rekrutiert werden und dies auch in Europa. Alle zwei Wochen bekommen die Patienten eine Lumbalpunktion (Einstich am Rücken) mit einer ziemlich hohen Dosis, die leider zu Gehörverlust führen kann. Ob und in welchem Grad dies passiert, wissen wir nicht. Aber es ist möglich. Und niemand kann sagen, ob das bei Mael passieren würde, sollte er an der Studie teilnehmen. Und noch eine weitere, fast schon grausame Ungewissheit kommt neu dazu. Von den 50 Patienten, die in der Studie sind, werden nicht alle den Wirkstoff erhalten, sondern sie sind zum Teil in einer Kontroll-Gruppe ohne Medikament. Nur so können sie testen, ob Cyclodextrin wirklich wirkt und nur so erhalten sie von den verschiedenen Behörden auch die Zulassung, um das Medikament einmal auf den Markt zu bringen. Wir müssen uns also entscheiden, ob wir wollen, dass Mael ein Jahr lang alle zwei Wochen nach Deutschland reisst, unter Narkose eine Lumbalpunktion bekommt und er eventuell Hörverlust erleiden wird. Und wir müssen auch damit leben können, dass er diese Infusionen vielleicht für ein Jahr für nichts bekommt, weil er vielleicht zu der Gruppe gehören wird, die kein Medikament bekommt. Wir müssen diese Entscheidungen treffen und wir müssen uns vor allem einig sein, dass wir den gleichen Weg gehen möchten. Wollen wir Maels Leben versuchen zu retten, oder wollen wir nichts tun und mit ihm den Weg zurückgehen? Wollen wir so ein Risiko eingehen und ihm dafür die grösste Chance seines Lebens geben? Diesen Entscheid zu treffen ist sehr schwierig. Wir sind froh, dass wir inzwischen auch Unterstützung von unserer Ärztin haben, die eine Teilnahme an der Studie auch aus medizinischer Sicht unterstützen würde. Aber es bleibt eine schwierige Entscheidung und wir brauchen noch etwas Zeit, um diese Entscheidung gemeinsam zu treffen.

NPC wird fortschreiten und ihm alles nehmen. Wir wissen so wenig und doch wissen wir, dass Mael ohne ein neues Medikament keine Chance hat und sterben wird. Egal, wie wir uns entscheiden werden und wie es mit der Studie oder auch einer anderen Studie weitergeht. Wichtig ist, dass wir uns nie Vorwürfe machen dürfen für den Weg, den wir wählen werden. Denn es gibt kein richtig oder falsch wenn man weiss, dass sein Kind stirbt und man versucht, sein Leben dennoch zu retten. Es bleibt uns nur die Hoffnung, dass unser über alles geliebtes Kind noch lange zusammen mit seinen Geschwistern bei uns sein kann. Es bleibt uns nur die Kraft und den Mut nicht zu verlieren, alles für sein Leben zu tun und den Kampf nicht aufzugeben. Die grösste Hilfe für uns sind unsere Kinder. Ihr Lachen, ihre bedingungslose Liebe und ihr Glück, das sie in ihren Augen haben ist für uns immer und immer wieder der Grund, weiterzumachen und an das Wunder zu glauben. So aussichtslos es auch manchmal ist. Und so geniessen wir die vielen schönen Augenblicke. Im Moment ganz speziell den Sommer und die etwas leichteren Tage, die unsere Herzen etwas mit Sonne füllen.

Claudia Oetterli

Herbst 2014 - "Mami, Engel bringen Glück!"

 „Mami, Engel bringen Glück!“ - Mit diesen Worten begrüsste mich kürzlich mein Engel Mael am Morgen, als ich ihn weckte, um ihm sein Medikament zu geben. Oft liege ich dann noch mit ihm im Bett und wir beide geniessen diese innige Zweisamkeit. Es ist der Moment im Tag, wenn wir zwei ganz fest füreinander Zeit haben, ohne dass Maels kleine Brüder zu kurz kommen und ich meinen Engel einfach nur halten kann und er mich – ohne grosse Worte, einfach mit ganz viel Wärme und Liebe. Ich geniesse diese Zeit so sehr. Denn wenn er dann etwas später in die Schule geht, dann vermisse ich ihn oft ganz fest.

Seit vier Monaten geht Mael zur Schule. Die Integration von Mael läuft sehr gut und er geht ziemlich gerne in die Schule. Aber irgendwie habe ich mich noch nicht ganz daran gewöhnt, ihn jeden Morgen gehen zu lassen. Er geht in eine Welt, in der er trotz Hilfe und Unterstützung alleine ist und ich Angst habe, dass es ihm nicht gut geht und er mehr und mehr merkt, dass ihm vieles schwerer fällt als den anderen und dass er anders ist und wird. Dass Mael überhaupt mit NPC zur Schule kann, ist alles andere als selbstverständlich und wir sind dankbar dafür. Und doch schleicht sich manchmal der traurige Gedanke in mein Herz, dass er doch lieber einfach bei mir sein soll. Darum, weil ich weiss, dass all das, was er lernt, wieder verloren gehen wird und eigentlich alles so schrecklich sinnlos ist. Wozu die Mühe? Wozu das Vermissen? Wozu das alles? Die Antwort ist klar. Weil er ein ganz normales Junge sein will. Weil er nicht weiss, wie grausam seine Krankheit sein wird. Weil er jetzt glücklich und zufrieden ist und er lernen und leben möchte.

„Ja, Engel bringen Glück“, antwortete ich ihm und hielt ihn ganz fest an diesem Morgen neulich. Für mich ist er jetzt schon ein Engel und der Gedanke, dass er uns einmal Glück bringen wird, wenn er nicht mehr da ist, tröstet meine Seele. Meine Tränen bei der Antwort verstand er nicht. Aber er wischte sie weg und gab mir einen Kuss auf meine Augen. So ist er, mein kleiner, sanfter Engel. Und diese Momente werde ich für immer in meinem Herzen tragen.

Mael schläft seit einigen Wochen in seinem neuen Zimmer im Erdgeschoss in unserem Haus. Der Umzug vom ersten Stockwerk ins Erdgeschoss haben wir bewusst bereits jetzt gemacht mit dem Blick in die Zukunft, den wir eigentlich lieber nicht machen. Denn wir müssen an die Zukunft denken und auch rational planen, wie es Mael in Zukunft bei uns am besten gehen wird. Und so haben wir einen ersten Schritt für diese Planung schon gemacht. Einerseits brauchten wir etwas Platz und andererseits wollten wir den Wechsel von seinem Zimmer vom oberen zum unteren Stock bereits jetzt machen. Jetzt, wo es für ihn kein Muss ist, weil er die Treppe nicht mehr hoch- und runtergehen kann. Jetzt, wo er noch ganz klar und voller Freude seine Wünsche für die Einrichtung seines Zimmers äussern konnte. Wir haben uns grosse Mühe bei der Gestaltung und Einrichtung seines Zimmers gegeben. Denn so sehr wir auch hoffen – die Wahrscheinlichkeit, dass es sein letztes, eigenes Zimmer sein wird, ist gross. Und so sollte es auch ganz speziell schön für ihn werden. Und es ist uns gelungen. Mael liebt sein neues Zimmer und er schläft sehr gut darin. Die Farbe hellgrün hat er ausgewählt. Wohl nicht wissend, dass grün Hoffnung bedeutet. Und klar, es wurde ein Safari-Zimmer mit den vielen Zebras, die er alle geschenkt bekommen hat. Mael fühlt sich wohl in seinem Zimmer. Und das hilft auch mir mit diesem Schritt in die Zukunft gut klar zu kommen und die Hoffnung nicht zu verlieren, dass er noch lange und möglichst gesund in diesem Zimmer leben kann.

Im Oktober war Mael seinen geliebten Zebras wieder ganz nahe. Wir verbrachten erneut zwei unvergessliche Wochen in Südafrika und haben es so sehr genossen, mit unseren drei Jungs Zeit in diesem wunderschönen Land zu verbringen. So lange wie möglich. Das ist und bleibt unser Lebensmotto für Maels Leben, dessen Krankheit genau das nehmen wird. Mael bekommt immer mal wieder Zustupf auf seinem privaten Konto mit dem Hinweis, dass wir damit das machen sollen, was ihn glücklich macht und ihm gut tut. Und so haben wir uns erlaubt, ein paar Extras für die Ferien damit zu bezahlen. Eine Safari gehörte natürlich dazu! Alle drei waren ganz aufgeregt und Maels wunderschönes Strahlen zeigte uns, dass das Geld von den lieben Menschen, die mit Mael diesen Weg gehen, so richtig investiert ist. Denn es sind die Erinnerungen, die uns und auch seinen Brüdern bleiben werden. Die Erinnerungen an unseren glücklichen Mael, der mit seinem Strahlen alles erhellt.

Und nun hat der Winter bereits wieder Einzug gehalten und Mael zählt aufgeregt die Tage bis Weihnachten. Der Winter ist die Zeit, in der Mael generell schwächer ist und ihm viel abverlangt. Aber dieses Jahr werden wir das Gefühl nicht los, dass es nicht „nur“ der Winter ist, der ihn schwächt. Maels Gleichgewicht scheint schon seit unseren Ferien im Oktober schlechter zu sein und ihn immer und immer wieder torkeln zu sehen, macht so grosse Angst und ist wie tausend Stiche mitten in mein Herz. Es könnte ja auch das strenge Programm mit der Schule sein, ein Infekt, ein schlechter Tag. Es könnte und soll doch bitte einfach etwas anderes sein! Aber früher oder später wird es nichts anderes sein und im Moment wissen wir nicht, ob diese Beobachtung richtig ist oder ob wir uns das „nur“ einbilden. Es bleibt eine Ungewissheit und die grosse Angst, ob die Krankheit nun wirklich schneller fortschreitet. Mit dieser Angst im Herzen bringe ich ihn jeden Abend ins Bett. Ihn nochmals halten – nochmals mit ihm reden und ihm sagen, wie lieb ich ihn habe. Das ist das Beste, was ich gegen die Angst tun kann. Und dann, wenn vielleicht das Herz wieder einmal etwas zu fest schmerzt und die Tränen kullern, hält er mich und fragt. „Mami, besch du trurig?“. Ja, sage ich. „Gäll, es esch wäge minere Krankheit.“. Ich kann nicht antworten. Er küsst und streichelt mich und sagt: "Mami, muesch ned Angscht ha, mer gots guet." Und so schläft er ein mein Engel und mein Herz wird wieder etwas ruhiger, weil ich weiss, dass es ihm gut geht.

Claudia Oetterli

Sommer 2014 - Die Zeit heilt Wunden....

Die Zeit heilt Wunden – sagt man. Nur trifft dies in unserem Fall nicht ganz zu, da unser und vor allem Maels Leben nicht einfacher, sondern schwieriger werden wird und es die Zeit ist, vor der wir uns so sehr fürchten. Die Wunden des Schockes nach der Diagnose sind vielleicht etwas verheilt. Aber ein Teil meines Herzens ist mit den Worten unheilbar und tödlich für immer und ewig verbrannt. Diese tickende Uhr, diese Ungewissheit, wann es soweit ist, dieses nicht wissen, ob die Zeit für oder gegen Mael ist und er genügend Zeit für ein Wunder hat - diese tickende Uhr ist es, was die Zeit hier und heute immer und immer wieder schwer macht.

Im Alter von 19 Monaten haben wir erfahren, dass Mael NPC hat. Nun ist Mael schon fast 6,5 Jahre alt. Die Zeit vergeht im Fluge. Das trifft auch für uns wahrhaftig zu. Eigentlich viel zu schnell. Denn wir möchten doch die Zeit, die uns bleibt mit ihm, so fest und so lange wie möglich geniessen. Ich erlebe sehr viele Momente mit Mael, unglaublich intensiv und voller Liebe, und ich bin in solchen Momenten froh, dass ich sie inzwischen auch geniessen kann. Momente wie diese, wenn ich am Abend, wenn er bereits schläft, nochmals an sein Bett gehe, seine warme Hand halte und ich dieses Leben und diese Wärme aufsauge, um sicher zu sein, dass unser Mael hier und heute bei uns ist. Momente wie diese, wenn er seine Kuscheleinheiten braucht und er mir tausend Küsse gibt und mir ins Ohr flüstert, dass er mich liebt und ich ihm verspreche, dass auch ich ihn für immer lieben und für ihn da sein werde. Momente wie diese, wenn er mein weinendes Herz mit seinem Lachen erheitert und ich wieder da weitermachen kann, wo mein Herz zuvor stehen geblieben ist. Es gibt so viele Momente, wo ich wegen Maels Krankheit so viel für mein Leben lerne. Die Zeit heilt nicht alle Wunden. Aber sie hilft, mit dem, was wir erlebt haben und erleben werden, etwas besser und anders klar zu kommen. Aber heilen – das wir mein Herz nie mehr. Die Liebe heilt Wunden – das trifft für mich viel eher zu.

Unsere Lieblingszeit, der Sommer, ist bereits wieder vorbei. Wir haben ihn genossen – auch wenn die Sonne zwischenzeitlich etwas gestreikt hat. Ganz speziell war für die Jungs die Fussball-WM. Besonders Mael und Lian waren richtig im Fussballfieber und wir genossen es sehr, die Freude der Kinder zu sehen. Im eigenen WM-Stübli zu Hause schauten unsere drei Fussballhelden einige Spiele und waren überglücklich über die Siege der Schweizer Nationalmannschaft. Und wir waren es mit ihnen, und auch ganz speziell für Mael, der diese WM mit viel Freude und Kraft erleben durfte. Wir freuten uns, dass er zusammen mit seinen Brüdern selber Fussball spielen kann, dass er weiss, wie manche Spieler heissen, wer die Gegner waren und auch mehrere Wochen nach der WM noch weiss, wer gewonnen hat. In vier Jahren möchte Mael dann wieder im WM-Stübli Fussball schauen und dann auch die Spiele spät am Abend schauen. Vier Jahre – das ist wieder eine Zeit, die so grosse Angst macht. Eine Zeit, in der wir nicht wissen, was alles mit ihm passieren wird und er vielleicht bereits schwer behindert und gezeichnet sein könnte. Deshalb schauen wir besser gar nicht so weit nach vorne. Denn diese Zeit ist viel zu angsteinflössend und erdrückend für mich.

Kurz nach der tödlichen Diagnose von Mael fragte ich seine Ärztin, ob Mael fünf Jahre alt wird und je in den Kindergarten kommt... Sie zuckte mit den Schultern und meinte, sie wisse es nicht. Mael kam in den Kindergarten! Und Mael hat es im Kindergarten wunderbar gemacht und ging jeden Tag voller Freude. In der letzten Woche im Kindergarten durften wir an einem wunderschönen Abschiedskonzert von Mael mit seiner Kindergartenklasse und seiner wunderbaren Kindergärtnerin teilnehmen. Er war so glücklich, so stolz, so voller Kraft und Leben! Und wir waren mit ihm glücklich und vor allem dankbar, dass er in den Kindergarten kam und so ein tolles Jahr hatte. Wir können nicht genug danke sagen, dass Mael ein so schönes und erlebnisreiches Jahr hatte und er so liebevoll und voller Verständnis umsorgt wurde. Mael war sehr glücklich im Kindergarten! Ihn so zu sehen, gab uns jeden Tag Mut und Kraft, weiterzukämpfen und an unser grösstes Wunder zu glauben.

Wir wissen nicht, ob und wie lange Mael Fortschritte im motorischen und kognitiven Bereich machen kann. Denn NPC ist und bleibt unberechenbar und wird irgendeinmal jede noch so kleine Bewegung und jedes Wissen und Können von Mael verunmöglichen. Aber nicht heute und hoffentlich nicht morgen! Denn noch ist Mael stärker als NPC! Dies hat er uns wieder einmal gezeigt, als er während den Sommerferien etwas schwimmen gelernt hat. Aufgrund seiner Muskelschwäche und der Koordinationsprobleme ist dies eine enorme Leistung für ihn! Sein kleiner Bruder Lian schwimmt mit 4,5 Jahren wie ein Fisch und Mael versuchte es mit viel Hilfe und Motivation auch ohne Schwimmflügel. Und siehe da! Auch er kann nun etwas schwimmen und ist ganz stolz über diese enorme Leistung. Wir freuen uns mit ihm über diese Freiheit und Leichtigkeit im Wasser. Denn im Wasser ist unser Mael unendlich glücklich! Ihn so zu sehen, ist schlicht und einfach wunderbar!

Jeder noch so kleine Fortschritt hilft gegen die Angst, Mael viel zu früh zu verlieren. Jedes noch so kleine Zeichen, dass er stabil ist und die Krankheit nicht stark fortschreitet, ist für uns Balsam für die Seele. Seit dem 18. August 2014 ist Mael in der Schule. Wie schon im Kindergarten hat Mael etwas extra Hilfe mit seiner Klassenassistenz, die er bereits gut kennt und mit der zusätzlichen Betreuung des Heilpädagogen. Der Schulstart ist sehr gut geglückt und nun nach den ersten Wochen haben wir das Gefühl, dass er angekommen ist und er bereits gut integriert ist in seiner Klasse. Nun wird sich zeigen, ob es der richtige Entscheid war, Mael jetzt einzuschulen. Die Angst, dass es für ihn zu viel wird und er unter dem Leistungsdruck leiden könnte, ist sehr gross. Das Wissen, dass Mael nicht wie die anderen Kinder fürs ganze Leben lernt, sondern es eine Frage der Zeit ist, bis er alles wieder verlernt, hängt wie ein schwerer Schatten über diesem Glück, über diesem Leben unseres wunderbaren Kindes. Die Angst und Trauer ist hier. Wie so oft bei sehr schönen und speziellen Momenten in Maels Leben. Ebenso gross ist aber auch die Freude, dass er überhaupt in die Schule kam! Hier in unserem Dorf. Hier, wo er jetzt doch einfach noch hingehört. Hier zusammen mit Kindern, die er bereits kennt und mit denen er nun ein Stück in seinem Leben gehen darf.

Claudia Oetterli

Februar / März / April 2014 - Einfach laufen lassen, den Tag nehmen wie er kommt...

Schon lange habe ich nicht mehr geschrieben, obwohl es immer so viel zu berichten gibt. Aber vielleicht war es auch zu viel und ich brauchte etwas Zeit, um meine Gefühle und Sorgen etwas zu sammeln. So liess ich es für einige Wochen sein. Einfach laufen lassen, den Tag nehmen wie er kommt - immer mit der Hoffnung, dass es ein guter Tag, eine gute Woche, ein guter Monat wird.

Eines schon mal vorweg – Mael hatte in diesem Winter ziemlich gute Wochen. Denn der Winter war nicht sehr kalt und das tat unserem Mael sehr gut. Wir waren auch sehr froh, dass sein allgemeiner Gesundheitszustand im Winter sehr stabil war. Nie hat Mael wegen Fieber oder Husten im Kindergarten gefehlt. Nur, wenn er im Spital Untersuchungen hatte, konnte er nicht in den Kindergarten, was ihm natürlich gar nicht gefiel. Nie war Mael "krank".... - und doch jeden Tag und jede Nacht. Immer wieder kam er nach Hause und berichtete, wenn jemand vom Kindergarten krank war. Die Fürsorge für andere ist eine ganz grosse Stärke von Mael und rührt uns immer und immer wieder. Er selber weiss, dass er immer krank ist. Er weiss auch, dass es eine sehr seltene Krankheit ist und spürt und sieht, was das für ihn im Moment bedeutet. Leider hat er inzwischen mehr Mühe mit seinen Schwächen umzugehen und oft wird er traurig und weint, wenn er sieht, wie zum Beispiel sein kleiner Bruder vieles oder sogar alles besser kann und verliert dann leider auch die Motivation, weiter zu üben. Grosse Probleme macht ihm das Trocken sein und es bricht mir fast das Herz, wenn er völlig frustriert, irritiert und enttäuscht zu weinen beginnt, weil die Hose schon wieder nass ist. In solchen Momenten muss ich besonders stark für ihn sein und ihm den emotionalen Schmerz so gut es geht abnehmen. Aber ich kann leider nicht alles verhindern. Ich kann meinen Engel nicht vor dieser grässlichen Krankheit beschützen und das ist der schmerzhafteste Teil dieser Krankheit für mich.

Mael will noch viele Geburtstage feiern. Er will gross und stark werden, Autofahren lernen, einen Bart bekommen. Er will Zoowärter, Polizist und Torwärter werden und Mami heiraten. Solche Aussagen von Mael zeigen, dass er zum grossen Glück nicht ganz abschätzen kann, dass für ihn ohne ein Wunder die Zukunft nur ein Traum bleibt. Und so träumen wir alle weiter - für ihn und mit ihm, damit sein Leben hier bei uns so unbeschwert wie möglich wird. Am besten geht das, wenn wir jeden Tag nach dem anderen nehmen. Denn mit dem Blick in die Zukunft hält sich der Traum kaum im stürmischen Wind.

Besonders unbeschwert war es für Mael, Lian und Nevin an der Fasnacht in diesem Jahr. Im Kindergarten gefiel Mael das Thema "Pinguine" so gut, dass wir alle zusammen als Pinguin-Familie zur Fasnacht gingen. Lian und Nevin gefallen die Pinguine auch sehr gut und so freuten wir uns, die Jungs glücklich und fröhlich in diesen Kostümen zu sehen. Herzlichen Dank an unsere Super-Grossmütter, die uns in jeder Hinsicht immer wieder wunderbar unterstützen. Denn die Kostüme haben sie zusammen in Teamwork genäht. Merci! Das Strahlen der Kinder war ihr Lohn dafür.

Weniger unbeschwert und für Mael auch anstrengend waren die vielen Untersuchungen im Spital im Februar und März. Mael hat die Kontrollen brav und geduldig mitgemacht. Maels Krankheitsverlauf kann man nicht messen und genau bestimmen. Es ist ein Beobachten und immer wieder sind wir Eltern mit der schmerzenden Frage konfrontiert, ob es Mael schlechter geht oder ob er stabil ist. Immer wieder schauen wir ihn an und hoffen so fest, dass ihm genügend Zeit für ein Wunder bleibt. Im Grossen und Ganzen freuen sich Maels Ärzte mit uns über einen relativ stabilen Gesundheitszustand. Doch wir können die Augen nicht davor verschliessen, dass die Krankheit trotz allem leicht fortgeschritten ist... Mael ist oft sehr müde und scheint körperlich schwächer zu sein. An manchen Tagen ist es klar sichtbar, an anderen wieder nicht und so bleibt uns die Hoffnung, dass es nur eine vorübergehende Schwäche ist und er einfach einen schlechten Tag hatte. So wie wir es doch auch haben. Messbar schlechter aber sind seine vertikalen und horizontalen Augenbewegungen. Mael kann willentlich die Augen nur schlecht oder fast gar nicht mehr nach oben und unten bewegen, da die Krankheit die Nervenzellen für diese Bewegungen bereits stark geschädigt hat. Wenn er ein Flugzeug am Himmel beobachten will, dann bewegt er den ganzen Kopf fest nach oben und die Augen bewegen sich dann zögerlich nach unten zurück. Was dieses Fortschreiten bedeutet, wissen wir nicht und es soll nicht zwangsläufig ein Zeichen sein, dass nun alles rasant schlechter wird. Es ist aber auf jeden Fall kein gutes Zeichen und macht Angst. So unendlich fest Angst. Wenn ich in Maels Augen sehe, dann sehe ich dieses wunderbare Strahlen, dieses wunderbare Braun, dieses wunderbare Leben. Und ich werde mit aller Kraft versuchen, nicht seine Krankheit darin zu sehen. Denn dafür ist sein Strahlen zu stark, seine Augen sind zu schön und sein Blick ist zu lebendig.

Inzwischen ist der Winter gewichen und wir freuen uns auf den Sommer. Denn das ist die schönste Zeit für uns alle. Im April konnten wir bereits zwei wunderschöne Wochen im „Sommer“ verbringen. Vor einem Jahr bekamen wir das wundervolle Herzensangebot einer lieben Frau, die uns Ferien schenken wollte. Einfach so, einfach weil sie ein herzensguter Mensch ist und uns eine riesige Freude machen wollte. Weil sie weiss, dass die Zeit mit Mael mit so vielen Erinnerungen wie möglich gefüllt werden soll und wir jetzt, wo solche Reisen noch möglich sind, ihm die Welt zeigen möchten. Einfach, weil sie ein Engel ist. Im April 2014 war es soweit. Wir durften zwei wunderschöne Wochen auf Mauritius geniessen und konnten viel Kraft und Sonne tanken. Sogar den 6. Geburtstag vo Mael durften wir mit Hilfe des tollen Hotels mit einem unvergesslichen Fest am Strand feiern. Wir genossen es in vollen Zügen und sind so dankbar, dass wir dieses Glück erleben dürfen! Denn wir wissen, dass es noch so viele andere auch verdient hätten.

So zum Beispiel eine Familie, die wir erst kürzlich kennengelernt haben. Eine Familie, die wie wir die Diagnose NPC bekommen hat. Aber leider nicht nur einmal - sondern für alle ihre drei kleinen Kinder im Alter von drei, fünf und acht Jahren. Diese unendlich traurige Nachricht erreichte uns kurz vor unseren Ferien. Die Mutter hat im Internet Maels Website gefunden und uns kontaktiert. Ich habe nach dieser Nachricht kaum denken und handeln können und war vor Schmerz für diese Familie gelähmt. Wie kann das Leben einer Familie eine solche Aufgabe auf den Weg geben. Wie kann das Leben so hart und brutal sein. Antworten darauf gibt es keine, sondern nur einen Weg weiter. Auch wenn es fast unmöglich erscheint. Das einzige was wir tun können, ist für sie da zu sein und sie auch mit Hilfe von MAELS LEBEN, NPSuisse und dem neu gegründeten Förderverein für Kinder mit seltenen Krankheiten unterstützen. Der Förderverein hat dies bereits mit einer tollen Spende getan. Am 3. Charity-Anlass am 10. Mai wurde die Familie mit dem Gesamterlös der Spendeneinnahmen berücksichtigt. Eine wunderschöne Geste – auch wenn kein Geld den Schmerz und die Sorgen der Familie wegnehmen wird. Nebst der finanziellen Hilfe habe ich auch versucht, Hoffnung zu machen. Hoffnung, dass unsere Kinder vielleicht zu der Generation von Kindern gehört, die NPC überlebt oder zumindest damit leben kann. Denn die Medikamentenstudie mit Cyclodextrin in Washington ist weiterhin am Laufen und wir hoffen ganz fest, dass bis Ende Jahr die Studie ausgeweitet wird, so dass auch Patienten aus Europa eine Chance haben, daran teilzunehmen.

Das Schicksal unserer neuen "NPC-Familie" hat uns sehr bewegt. Leider gibt es in der Schweiz mehrere Familien, bei denen alle Kinder von NPC betroffen sind. Besonders eindrücklich geht die Familie Poincilit mit ihrem Schicksal um. Auch sie haben drei betroffene Kinder. Diese sind bereits erwachsen. Seit der Diagnose vor vier Jahren wurden sie von einem Filmemacher begleitet. Es ist ein eindrücklicher und aufwühlender Dokumentarfilm "Eine Familie kämpft" entstanden und wir sind mit ihnen stolz, auf das, was sie erreicht haben.

Kinder mit NPC haben im Durchschnitt mit sechs Jahren die ersten neurologischen Symptome und sterben im Durchschnitt bereits mit 16 Jahren. Mael hat seit mindestens dem zweiten Lebensjahr erste Symptome. Das ist keine gute Tatsache. Tatsache ist aber auch, dass er sich trotz allem immer noch leicht weiterentwickelt und er noch viel mehr „gesund“ als krank ist. Ein wunderschönes Zeichen, dass sein Körper gegen die Krankheit, die in jeder Zelle seines Körpers schlummert kämpft, sind zwei ganz tolle Fortschritte. Mael kann seit diesem Frühling ein wenig Fahrradfahren und hat in den Ferien auf Mauritius gelernt etwas zu tauchen. Es ist beides nur etwas und wir sehen genau, wie streng und schwierig es für ihn ist. Darum will er auch nicht weiter üben und es ist manchmal schwer zu akzeptieren, dass er so schwer zu motivieren ist. Aber dass er etwas Neues gelernt hat, ist für uns die ganze Welt. Es ist ein Zeichen, dass die Krankheit noch nicht stärker als Mael ist und wir noch Zeit für ein Wunder haben.

Claudia Oetterli

Dezember 2013 und Januar 2014 - "Mami, ech wönsche mer förs neue Johr ganz vell Glöck..."

Manchmal kommt es mir vor, als ob ich seit knapp vier Jahren auf einem anderen Planeten lebe. Auf einem Planeten, der sich zwar äusserlich noch nicht gross von dem der anderen unterscheidet, aber doch eine ganz andere Welt ist. Wenn mich jemand fragt, wie es uns und auch Mael so geht, weiss ich manchmal nicht, was ich wirklich antworten soll. Manchmal erzähle ich, wie es Mael und uns geht und, dass wir nach wie vor die Hoffnung einfach nicht aufgeben. Aber manchmal würde ich gerne davon berichten, wie unendlich schwer alles ist und wie sehr diese Ungewissheit alles Alltägliche fremd und schwer macht.

Und dann tue ich es doch nicht. Denn ich weiss nicht, ob ich wirklich von meiner Welt erzählen soll. Davon, dass ich in meiner Welt mit Tränen in den Augen ein Fotoalbum von unseren wunderschönen Ferien in Südafrika gestalte und am Schluss überlege, ob ich dieses Album für alle unsere Kinder auch drucken soll – oder doch nur für Lian und Nevin - als Erinnerung an ihren Bruder Mael. Oder davon, dass wir über ein neues Bad diskutieren. Aber nicht darüber, welche Farbe die Fliesen haben könnten, sondern darüber, wie wir das Bad bauen müssten, um Mael möglichst lange bei uns pflegen zu können. Ich könnte davon berichten, dass ich mir immer genau überlege, ob Mael etwas in Zukunft vielleicht mal gebrauchen könnte.

Und so behalte ich ein Stillkissen zur Lagerung von Mael im Bett oder die Baby-Spielsachen. Darum, weil Mael vielleicht einmal mit nichts mehr spielen kann und er vielleicht Freude an etwas haben könnte, das eigentlich für ein Baby gedacht wäre. In meiner Welt behalte ich fast alles, was Mael bastelt oder malt. Alles, was er mit seinen wunderbaren Händen gestaltet hat. Alles, auf das er jetzt so unendlich stolz ist. Die schönsten Sachen laminiere ich, damit sie so lange wie möglich schön bleiben und ich sie mit in die Zukunft nehmen kann. Ich schreibe darauf nicht nur seinen Namen und das Datum, sondern auch, wie er dieses Werk gemacht hat und dass ich ihn liebe, dass wir für ihn kämpfen und immer für ihn da sein werden.

Und in meiner ganz dunklen Welt zieht sich alles in mir zusammen, wenn wir beim Spazieren am Friedhof vorbeigehen, wo gerade eine Beerdigung ist und Mael mehrmals fragt: „Mami, gell, ich muss noch nicht sterben.“ Mehrmals, bis ich ihm mit Tränen in den Augen altersentsprechend aber ehrlich Antwort gebe, ihn fest halte und mir danach still und traurig überlege, ob wir ihn einmal hier in Udligenswil beerdigen oder doch an einem ganz anderen Ort. Irgendwo, wo wir ganz nahe bei ihm sein werden. Das und noch vieles mehr ist meine Welt. Eine Welt, die mir auch vier Jahre nach der Diagnose noch fremd ist und ich immer noch lernen muss, wie ich mich in dieser Welt am besten zu Recht finde.

Aber zum grossen Glück ist es in meiner Welt nicht immer ganz so dunkel. Ich habe schon viel gelernt und kann das, was wir haben, auch ganz gut geniessen und schätzen. Meine kleinen Jungs sind meine besten Lehrer. Denn ihre Welt ist wunderbar und farbig, glücklich und verspielt und so soll es auch bleiben. So lange wie nur irgendwie möglich. Und es gibt wirklich sehr viel Schönes in unserem Leben und das hilft so fest, stark und zuversichtlich zu bleiben.

Ich bin sehr dankbar für das ganze letzte Jahr und auch die letzten beiden Monate waren ganz schön und es gab einige schöne Erlebnisse. So natürlich die Weihnachtszeit mit dem Besuch des Samichlaus und des Christkindes. Mael konnte auch dieses Jahr ein Versli auswendig vortragen und sang an Weihnachten mit seinen Brüdern vor dem Tannenbaum voller Stolz und Freude. Unter dem Weihnachtsbaum lagen viele Geschenke und für mich war das grösste Geschenk dieses Jahr, dass es Mael auch diese Weihnachten gut ging und er mit uns war.

Seit der Diagnose konnte ich kein Silvester mehr feiern. Zu gross war die Angst vor dem neuen Jahr, vor der Zukunft und all der Ungewissheit. Dieses Jahr habe ich versucht, nicht das neue Jahr, sondern das alte Jahr zu feiern. Ein Jahr, in dem es Mael zum grossen Glück sehr gut ging und wir alle viel Schönes erlebt haben. Mael hat sich dann zu Silvester auch etwas gewünscht:

"Mami, ech wönsche mer förs neue Johr ganz vell Glöck
ond dass s'nöchschte Johr guet afod."
Mael Oetterli, 31.12.2103

Und dieses neue Jahr könnte Maels Jahr werden. Wir haben grosse Hoffnung, dass 2014 die NPC-Forschung einen grossen Schritt weiter kommt. Wir hoffen ganz, ganz fest, dass bis Ende Jahr die erste Phase der Studie mit dem Wirkstoff Cyclodextrin gute Resultate bringen wird und es bis dann die Möglichkeit für Mael gibt, irgendwo in Europa an der Studie teilzunehmen. Irgendwo, irgendwie. Wir würden alle Hebel in Gang setzten, um Mael in diese Studie zu bringen.

Für Mael wird 2014 auch in einer anderen Hinsicht ein sehr spezielles Jahr. Er wird 2014 in die Schule kommen. Das steht jetzt schon fest. Und zwar in unserem Dorf in der normalen Schule. Der Start im Kindergarten verlief so gut, dass wir im Moment nicht daran zweifeln, dass es Mael auch in der Schule mit Unterstützung und Hilfe gut haben wird. Mael hat Freunde. Er lacht und spielt. Er leistet Grossartiges und trotzt dieser Krankheit, die in ihm schlummert und ihr Gesicht früher oder später richtig zeigen wird. Wir hoffen einfach auf später. Auf viel später oder gar nie wirklich. Hoffnung – auch dieses Jahr ist das wieder das wichtigste Wort in unserem Leben. Ein Wort, dessen Bedeutung ich erst jetzt richtig verstehe und ohne das ich kaum leben könnte.

Claudia Oetterli


Oktober und November 2013 - Den Mut nicht verlieren, weiterkämpfen, an ein Wunder glauben...

Es fragte mich mal jemand, ob ich jeden Tag an Maels Krankheit denke. Nein, sagte ich, nicht jeden Tag - fast immer und überall. In irgendeiner Form ist Maels Krankheit immer da - immer im Herzen. Mael denkt zum Glück nicht immer und überall an seine Krankheit. Er redet im Moment auch nicht viel und gerne davon. Für ihn ist seine Welt in Ordnung. Wir sind sehr dankbar, dass er im Moment noch sehr gut damit klar kommt, dass er gewisse Dinge nicht oder schlechter kann. Da Mael kognitiv fast altersentsprechend entwickelt ist sind wir aber überzeugt, dass er viel weiss und vor allem auch sehr viel spürt. Vielleicht auch zuviel. Manchmal scheint er so weise und so reif und dann aber auch sehr verletztlich und weinerlich. Als ob er bereits jetzt verstanden hat, dass es für ihn und uns alle nichts anderes gibt, als den Moment jetzt zu leben. Und das tut er. Auch wenn er vielleicht seit einiger Zeit etwas müder ist und ihm gerade jetzt im Winter das kalte Wetter und die schwere Kleidung wieder mehr Mühe machen. Mael will leben! Mael will glücklich sein! Mael ist einfach hier und heute wunderbar!

Da wir alle den Winter nicht sonderlich mögen, haben wir Anfang Oktober noch etwas den Sommer in Kos verlängert. Die Jungs freuten sich sehr und genossen die schönen Tage am Meer und im Pool und das Zusammensein mit der ganzen Familie. Auch ich freute mich sehr und hoffte, dass ich mich vor allem emotional in den Ferien wieder etwas erholen und Kraft und Energie tanken kann. Aber irgendwie waren die ersten Tage besonders hart für mich. Wir waren in diesem wunderschönen Hotel und um uns herum schien alles so locker und fröhlich. Und ich hielt das ganze fast nicht aus und realisierte einmal mehr, dass man diesen Ballast nicht einfach im Flugzeug abwerfen kann. Nein, immer und überall. Immer und überall ist die Krankheit da und hinterlässt eine Traurigkeit in meinem Herzen, die wie ein Schleier auf meiner Seele liegt. Erst, als ich wieder einmal so richtig weinen konnte, ging es mir besser. Und genau zu diesem Zeitpunkt erfuhren wir dann über Facebook, dass die Medikamenten-Studie mit dem Wirkstoff Cyclodextrin wieder aufgenommen wurde. Wir konnten wieder etwas aufatmen. Diese Nachricht war für die gesamte NPC-Gemeinschaft so wichtig und half mir persönlich sehr, wieder mit Mut und Kraft nach vorne zu blicken und weiter daran zu glauben, dass Mael doch eine Chance auf ein Leben bekommt. Die Chance für sein Leben!

Denn Mael will leben – und er will lernen und gross werden. Und zum grossen Glück lernt unser Mael auch immer noch. Mael hat in letzter Zeit mehr Interesse an Zahlen und Buchstaben gezeigt und mit Hilfe und viel Motivation gelang es ihm, seinen Namen und auch die von unserer ganzen Familie zu schreiben. Und nun kann Mael seinen Namen ganz selbständig schreiben! Vor vier Jahren, als wir die Diagnose bekamen, fragte ich die Ärztin, ob Mael überhaupt je in den Kindergarten kommen wird, oder ob er bis dann tot sei. Sie zuckte mit den Schultern und meinte – sie wisse es nicht. Und heute ist Mael im Kindergarten und kann seinen eigenen Namen schreiben. Das alleine ist wunderbar. Klar, jeder Fortschritt ist auch immer mit einer riesigen Angst verbunden, dass der Zeitpunkt kommen wird, wo der Rückschritt unaufhaltsam sein wird. Ich versuche diese Gedanken immer wieder abzuschalten und mich mit ihm an den Fortschritten oder auch Fortschrittchen zu freuen. Und noch mehr versuche ich, daran zu denken, dass Fortschritte ein Zeichen dafür sind, dass es immer noch vorwärts geht. Zumindest in den meisten Bereichen.

Unser aller Leben muss vorwärts gehen. Auch wenn ich das vor vier Jahren, als man uns am 18. November die Diagnose mitteilte, nicht für möglich gehalten habe. Den Mut nicht verlieren, weiterkämpfen, an ein Wunder glauben, positiv bleiben, Trauer und Angst aushalten und dann auch mal wieder den Tränen freien Lauf lassen, für alle unsere Kinder da sein und uns selber nicht vergessen, einen „normalen“ Alltag leben und dafür sorgen, dass es allen so gut wie nur möglich geht. All das ist eine riesengrosse Herausforderung und verlangt so viel von uns. Auch vier Jahre nach der Diagnose. Aber irgendwie schaffen wir es immer und ich bin so dankbar dafür. Und es gibt auch immer wieder schöne und tolle Erlebnisse, die uns helfen, nicht unterzugehen. So zum Beispiel auch Tommys Run4Mael, die wunderschönen Masken von Andreas Loosli, die Spendenaktion der Angelones oder die Übergabe der Spendengelder vom Sommerfest auf dem Schloss Sihlberg.

Besonders spannend und schön war in dieser Zeit auch der Räbenliechtli-Umzug im Dorf. Mael lief zum ersten Mal ohne uns mit. Er durfte zusammen mit seiner Kindergartenklasse am Anlass teilnehmen und war so stolz und glücklich. Es war so wunderschön ihn inmitten von Lichtern und seinen Freunden zu sehen. Solche Momente sind so wunderschön. Am 25. November durften wir dann noch einen ganz speziellen Anlass feiern. Den Geburtstag von unserem kleinen, grossen Nevin. Lian und Mael freuten sich mit dem kleinen auf das Fest und wir sind einfach nur dankbar, dass wir Nevin haben, und es ihm so gut geht.

Claudia Oetterli

PS: Im Oktober und November sind jeweils immer auch der "Halbjahres-Geburtstag" von Mael und der Tag der Diagnose:

18. Oktober 2013 - Die Zeit - Mael ist 5.5 Jahre alt...

Mael ist heute genau 5.5 Jahre alt. Auch wenn es kein Geburtstag ist - es ist uns doch speziell bewusst - da wir um jedes halbe Jahr, um jeden Monat und um jeden Tag froh sind, dass wir ihn haben.

Mein lieber Mael:
So viel ist schon passiert, in dieser Zeit.
So viel hast du schon erlebt, in dieser Zeit.
So viel hast du schon gegeben, in dieser Zeit.
So viel möchtest du noch erleben, in der Zeit, die bleibt.
So viel werden wir dir helfen, in der Zeit, die bleibt.
So viel kann ich versprechen, für die Zeit, die bleibt…

Wie lieben dich! Vom ersten Tag bis in die Ewigkeit und geben die Hoffnung nicht auf, dass sie noch lange bleibt, die Zeit...

Dein Mami

18. November 2013 - Vier Jahre...

Heute vor vier Jahren brach unsere Welt zusammen. Heute ist der Tag, an dem mit den Worten "unheilbar" und "tödlich" ein Teil meines Herzens für immer erlosch. Heute ist der Tag, an dem du vier Jahre nach der Diagnose lachst und glücklich bist. Und darum darf der Tag Heute nicht dein Lachen und dein Strahlen überschatten.

Wir lieben dich Heute und bis in alle Zeit und werden dir auf deinem Weg immer die Hand geben, wenn du sie brauchst.

Dein Mami

August und September 2013 - Der Sommer geht - die Sorgen bleiben

"Mami, ich muss dir etwas ins Ohr flüstern. Ich habe dich so gern und werde immer bei dir bleiben - auch wenn ich gross bin.“ Und ich flüstere zurück: „Mael, ich habe dich auch so gern und werde dich immer lieben….“ Mehr kann ich ihm nicht versprechen. So gern ich ihm doch versprechen würde, dass er immer bei mir sein kann – und, dass er vor allem gross wird. Solche und ähnliche Gespräche gibt es so oft zwischen uns. Mehrmals am Tag flüstert Mael mir etwas ins Ohr und er zeigt mir immer wieder, wie sehr er mich liebt und wie sehr er mich braucht. Dreimal drücke ich meinen Kindern jeweils die Hand, um ihnen ohne Worte zu sagen, wie lieb ich sie habe. Bei Mael mache ich das ganz bewusst oft. Denn ich hoffe, dass er diese Körpersprache auch dann noch verstehen oder sogar anwenden kann, wenn er einmal nicht mehr sprechen kann…

Im Moment sind solche Gedanken an die düstere Zukunft leider wieder sehr präsent. Es hat vor allem damit zu tun, dass wir Ende September erneut die Absage für eine Behandlung mit Cyclodextrin bekommen haben. Solange keine wissenschaftlich belegten Daten existieren, dass der Wirkstoff nicht gefährlich ist, scheint in der Schweiz kein Arzt dazu bereit zu sein, Mael zu behandeln. Diese Daten könnte im Moment das NIH in Washington mit der Medikamentenstudie liefern. Doch die Studie ist immer noch blockiert und wir alle warten sehnsüchtig darauf, dass sie wieder aufgenommen wird. Und dann bleibt zu hoffen, dass die erste Phase die erhofften Sicherheitsdaten liefert und es nicht länger als das geplante Jahr geht. Und noch mehr hoffen wir, dass Mael in dieser Zeit so stabil wie möglich bleibt! All das ist im Moment kaum zu ertragen. Ich bin so hilflos, kann kaum damit umgehen, dass wir im Moment nichts als warten können und zweifle auch daran, ob wir genug für sein Leben kämpfen. Nicht nur die Absage für die Therapie belastet sehr stark. Es kommt noch dazu, dass Mael im Moment sehr, sehr müde ist. Es war ein guter Sommer - ein sehr guter sogar und wir waren froh und dankbar über Maels stabilen Zustand. Auch der Start im Kindergarten verlief hervorragend und wir waren und sind unendlich stolz auf unseren kleinen, grossen Kindergärtner. Aber nun sehen wir, wie sehr dieses volle Programm an seinen Kräften zehrt. Für Mael ist jeder Schritt schwerer und jeder Griff kniffliger. Er gibt sich so Mühe und will überall auch dabei sein. Alles braucht Kraft. Kraft, die er vielleicht im Moment nicht mehr hat und ihn darum so schlapp und unstabil macht. Die neurologischen Symptome scheinen für uns viel mehr sichtbar und machen unendlich Angst. Das war bis jetzt schon so, wenn Mael müde war. Nun scheint er aber dauerhaft müde. Trotz allem meistert er den Kindergarten aber wunderbar.

Die Halbjahreskontrolle im Kinderspital verlief sehr zufriedenstellend und wir hatten ausser der Müdigkeit und dem Verdacht, dass seine Augenbewegungen sich verschlechtert haben, wenig Negatives zu berichten. Doch die „stabile“ Phase bleibt nicht ewig. NPC wird fortschreiten und es ist eine Frage der Zeit, bis es deutlicher sichtbar ist. Die Zeit läuft Mael davon. In solchen Phasen spüre ich dies in jeder Faser meines Körpers. Die Zeit, die doch eigentlich zum gross und stark werden da sein soll, ist Maels Feind. Und wir können nichts tun, als zu warten, bis es hoffentlich in absehbarer Zeit eine wirkungsvolle Therapie für Mael und alle Kinder mit NPC gibt. Schade nur, dass wir nach wie vor keine ausreichende Unterstützung von Seiten der Ärzte für diesen Kampf bekommen. Wir bräuchten die Hilfe jetzt so dringend. Denn alleine können wir nichts erreichen und irgendwann ist es zu spät.

Nach diesem eher traurigen Einstieg, möchte ich doch gerne über die sehr schönen Erlebnisse in diesem Sommer berichten. Denn die gab es – auch wenn es immer und immer wieder eine grosse Herausforderung ist, die schönen Dinge noch zu erkennen und zu geniessen.

Das aufregendste für Mael war der erste Tag im Kindergarten. Voller Motivation ist er aufgebrochen in diese Zukunft, die so ungewiss ist. Mael kann im Moment mit etwas „Extra-Hilfe“ an allen Aktivitäten im Kindergarten teilnehmen. Er nahm sogar an der Herbstwanderung teil und war so glücklich und stolz, dass er das schaffte. Gespräche mit der Kindergärtnerin und auch der Elternabend zeigten uns, dass Mael im regulären Kindergarten trotz seiner Defizite sehr gut aufgehoben ist und er schlicht und einfach glücklich ist. Die ersten zwei Wochen waren jedoch für mich enorm schwierig. Ich vermisste ihn so unendlich fest und ich weinte am Morgen oft, weil ich einfach kaum damit umgehen konnte, dass Mael nicht hier war. Das Wissen, dass er mir einmal jeden Tag und jede Nacht fehlen wird, war in diesen ersten Wochen einfach speziell quälend. Der Kindergarten ist für alle Eltern eine erste Ablösung. Für mich hat das Thema Ablösung aber noch eine ganz andere Dimension und ich musste sehr damit kämpfen, es nicht als Verlust zu sehen. Aber sein zufriedenes Lachen nach dem Kindergarten zeigte mir, dass es so, wie es ist, richtig ist.

Ein besonders herzliches und schönes Erlebnis mit einem wunderschönen Resultat war das Herzensbilder-Fotoshooting. Endlich spielte das Wetter mit und wir durften an einen wunderschönen Sommermorgen mit dem Fotoengel Angie di Mercurio ein gratis Fotoshooting machen. Herzlichen Dank nochmals an Herzensbilder.ch. Es ist wunderbar, dass ihr Familien wie uns ein solches Erlebnis und solche Erinnerungen ermöglicht. Wir sind einfach nur dankbar! Eine Diashow gibt es hier.

Wir versuchen, Mael so aktiv wie möglich zu halten und ihn doch nicht zu überfordern. Seit Mitte August hat er nun ein ganz spezielles und sehr gutes Therapie-Rad zur Verfügung. Das kämpfen dafür hat sich gelohnt, denn Mael fährt sehr gerne damit und kann so Kraft und Koordination üben. Als wir das erste Mal mit dem Rad einen Ausflug machten, weinte ich still vor mich hin, als ich ihn den Hügel hinauf schob... Ich sah auch schon die Blicke, die mir weh machten. Und dann sagte ein lieber Junge, den Mael so mag: Wau Mael, du hast ein cooles Velo! Das tat uns beiden gleich gut!

Ende September fand in unserem Dorf die Chilbi statt, an der am Stand des Frauenzirkels für den Verein MAELS LEBEN gesammelt wurde. Herzlichen Dank an den Frauenzirkel, dass ihr das ermöglicht habt! Und ganz speziellen Dank auch an Maels ehemalige Spielgruppenleiterin, die ganz spontan und mit vollem Einsatz im Froschkostüm Pins verkauft hat. Ein weiterer Batzen kam auch an der Züspa für den Verein MAELS LEBEN zusammen. Während einer Woche wurde für den Verein Geld gesammelt und wir durften den Check zusammen mit unseren Kindern auf der Bühne abholen. Herzlichen Dank an alle, die den Verein MAELS LEBEN unterstützt haben und noch unterstützen werden - wie zum Beispiel Tommy Durrer beim Marathon-Lauf in Luzern. Weiter Infos dazu hier. Wir schätzen eure Hilfe so sehr! Denn ohne Hilfe würden wir das alle nicht schaffen. Ohne Hilfe in irgendeiner Form, ob für Mael, den Verein, ob für seine lieben Brüder, ob für uns als Paar oder für mich als Mutter, egal was. Wir sind dankbar, dass wir auf Hilfe zählen dürfen. Danke!

Claudia Oetterli

Sommer 2013 - Maels schönste Zeit

Endlich kam der Sommer. Der Sommer ist die Zeit, in der es Mael am besten geht und wir viel Zeit draussen verbringen. Jede körperliche Betätigung fördert Mael und wir bemühen uns, ihn so aktiv wie möglich zu halten. Und da Mael sich gerne bewegt, ist das auch gut möglich. Besonders Spass macht ihm natürlich das Baden im Pool in unserem schönen Haus. Aber auch Fussball spielen findet er super und es ist eine Freude, ihn so glücklich zu sehen. Ab und zu gingen wir mit ihm und Lian auf das grosse Feld, um Fussball zu spielen. Mael ist am liebsten im Goal. Ob es darum ist, weil er da nicht so viel herumspringen muss und er sich sicherer fühlt, wissen wir nicht. Auf jeden Fall ist er sehr stolz und glücklich, wenn er zusammen mit anderen Kindern spielen kann.

Ein grosses Highlight zu Beginn im Juni war der Besuch der Feurwehrstation in Kriens. Kommandant Andi Vonesch hat Mael und seine Brüder zusammen mit Maels Freund Joel eingeladen, einen Nachmittag als Feuerwehrmann zu verbringen. Die Jungs hatten sichtlich Spass. Herzlichen Dank noch einmal, lieber Andi. Es war spitzenmässig!

Kurz danach liess ich meine Familie dann ein paar Tage alleine. Ich reiste nach South Bend in der Nähe von Chicago und nahm dort an einer wissenschaftlichen Konferenz zum Thema Niemann Pick C teil. Es war das erste Mal, dass ich so lange fort war und es war auch nicht ganz einfach. Mein Mann und die Grosis haben aber so super auf unsere Kinder geschaut und es ging alles ganz gut. Dank Skype konnten wir mehrmals miteinander telefonieren. Es ist so schön zu wissen, dass wir auf die Hilfe unserer Mütter, auf die Familie und unsere Freunde zählen können. Ohne sie würden wir das alles gar nicht schaffen. Wenn es etwas Gutes an Maels Krankheit gibt, dann ist es die Gewissheit, dass wir diesen schwierigen Weg nicht ganz alleine gehen müssen.

Nachdem ich müde und mit vielen Emotionen und Eindrücken aus den USA zurückgekommen war, fand schon bald das Sommerfest auf dem Schloss Sihlberg in Zürich zugunsten von Kindern mit seltenen Krankheiten statt. Wir waren mit unserem Verein MAELS LEBEN vertreten und bastelten mit den Kindern Fröschkönige. Unsere drei Jungs genossen das Fest sehr. Sie drehten ihre Runden auf dem Karussell und Mael verkaufte voller Stolz die Froschkönig-Pins, die ja aufgrund eines Fotos von ihm entstanden sind. Inzwischen gibt es übrigens diverse Froschkönigsachen in Maels's Froschkönig Shop zu kaufen. Die Einnahmen gehen zugunsten von Maels Verein MAELS LEBEN. Das Fest war ein voller Erfolg und auch wir Eltern genossen es und danken Manuela Stier vom Wirtschaftsmagazin, dem Schlossherrn Edgar Schwyn und allen Helfern für dieses tolle Fest! Es ist toll, dass es immer mehr Charity-Anlässe für Kinder wie Mael gibt. Video dazu gibt es hier.

Als wir die Diagnose von Mael erhielten, war unser Schatz gerade mal 19 Monate alt und wollte doch einfach nur die Welt entdecken und gross werden. Am 25. Juni 2013 wurde unser Kleinster, Nevin, 19 Monate alt. An diesem Tag genoss ich jeden Fortschritt und jedes Zeichen von Nevin, dass er gesund ist, in vollen Zügen. Und doch war ich auch traurig und es kam mir wieder einmal vor, als sei die Diagnose von Mael erst gestern gewesen. Nevin trägt jetzt die selben Kleider wie Mael damals und ist so herzig und goldig – genau so wie es doch Mael war, als man uns mitteilte, dass unser kleiner Junge alles verlernen und schwerst behindert sterben wird. Wie kurz war doch die Zeit mit Mael, in der wir nichts von seinem Schicksal wussten. Dies wurde mit dem kleinen Geburtstag von Nevin wieder bewusst. Mael, Lian und Nevin: Drei Brüder, die so vieles ähnlich haben und doch eines zum grossen Glück nicht teilen. Die Krankheit NPC...Wie dankbar wir darüber sind, kann ich ihn Worte kaum fassen.

Mael schloss Ende Juni diverse Sachen wie die Spielgruppe, die Waldspielgruppe und die Zusammenarbeit mit der Heilpädagogin ab und es wurde mir etwas schwer ums Herz. Er hat alles so gerne und toll gemacht und die Ungewissheit, wie Mael im Kindergarten und mit der neuen Betreuung klar kommen wird, ist gross. Auch Mael war etwas traurig, als er wirklich verstand, dass er nicht mehr in die Spielgruppe und den Wald gehen kann und auch keinen Besuch mehr von der Heilpädagogin bekommt. Er fragte dann: Mami, aber in die Physio darf ich schon noch? So wunderbar – denn es ist nicht selbstverständlich, dass er die Physio als Teil seines Lebens sieht und er nach wie vor so motiviert und voller Freude in die „ganz speziellen Turnstunden“ geht.

Nachdem wir etwas Ruhe von Spitalbesuchen hatten, stand Mitte Juli die halbjährliche Kontrolle der Milz mit dem Ultraschall an. Die Milz ist ca. 18 cm gross und füllt einen grossen Teil seines Bauchraumes. Sie ist steinhart und man kann die Umrisse mit blossem Auge sehen. Wie immer machte es Mael wunderbar bei der Kontrolle. Seelenruhig lag er da, erzählte mir etwas und spielte mit dem iPad. Die Ärztin lobte ihn, wie gut er es macht. Und da hat sie so Recht! Wir sind so froh, dass Mael bei jeder Kontrolle, die anfällt, so gut mitmacht und sehen das auch als Chance, sollte Mael wegen der Cyclodextrin-Therapie, die im Raum steht, sehr viel im Spital sein.

Die Cyclodextrin-Therapie beschäftigt uns nach wie vor sehr stark. Es ist ein riesiges Dilemma, ob wir eine Behandlung mit Cyclodextrin wirklich in Betracht ziehen sollen oder nicht. Denn eine solche Therapie würde für Mael bedeuten, dass er mindestens alle zwei Wochen eine Behandlung, womöglich mit Narkose, bräuchte und er so sehr viel mehr Zeit im Spital verbringen müsste und auch Schmerzen haben könnte. Für Mael ist sein Leben, so wie es jetzt ist, wunderbar und er sieht sich selber wohl kaum als krank – oder so wie es halt leider ist – als todkrank. Manchmal würde ich ihn am liebsten fragen, was er will. Will er alles hinnehmen und die Zeit, die er jetzt hat geniessen – oder sollen wir alles versuchen und ihn auch Risiken und Strapazen aussetzen, um sein Leben mit Niemann Pick C lebbar zu machen und ihm eine Chance auf ein langes und möglichst „gesundes“ Leben geben? Wäre die Zeit nicht gegen Mael, so würden wir diese Entscheidung wohl etwas gelassener sehen. Aber dem ist nicht so und darum ist und bleibt diese Behandlung ein Dauerthema das viel Kraft und Raum braucht.

Die Zeit mit unseren Kindern ist das Kostbarste, was wir haben. Besonders schön war so auch Zeit, die mein Mann Ferien hatte und wir so einiges unternommen haben. Wir machten zum Beispiel einen schönen und für uns perfekten Ausflug zum Härzlisee auf dem Brunni, gingen mit dem Gummiboot auf den Zugersee, schliefen im Garten im Zelt, verbrachten einen Tag im Ravensburger Spieleland und fuhren auf Wunsch von Lian mit dem Touristenzug durch unsere schöne Stadt Luzern. Das Wetter war zum Glück die ganze Zeit wunderbar. Die Liste mit den Sachen, die wir speziell mit Mael „noch“ machen möchten, ist sehr lange. Und doch können wir nicht ständig ein volles Programm haben. Das tut uns allen nicht gut und zudem geniessen wir unser wunderbares Zuhause sehr und sind auch gerne einfach nur zu Hause. Den ganzen Juli konnten wir fast täglich baden. Mael hat auch beim Baden Fortschritte gemacht und springt jeweils mehrmals ins Pool rein. Die Flügeli geben ihm Sicherheit. Gerne würde ich mit ihm probieren, ob er alleine schwimmen kann. Aber einerseits möchte er das im Moment nicht und wahrscheinlich ist das rein körperlich auch viel verlangt. Einige gleichaltrige Kinder schwimmen inzwischen alleine und auch wenn ich nicht vergleichen will – es tut einfach mal wieder weh zu sehen, dass er gewisse Dinge nicht kann und wohl nie können wird. Aber solange Mael es nicht stört und er mit dem, was er kann und tut glücklich ist, ist eigentlich alles in Ordnung. Und wer weiss – vielleicht lernt es Mael ja doch? Er hat uns schon bei vielen anderen Dingen überrascht.

Schon seit mehreren Wochen beschäftige ich mich mit Ferien der ganz besonderen Art. Nachdem der Artikel von Mael in der Schweizer Illustrierten erschienen ist, meldete sich eine Frau bei uns. Sie möchte Mael und uns eine Freude machen und uns Ferien schenken... Egal wo, egal wann, egal was. Einfach nur, weil sie weiss, wie unendlich wichtig die Zeit jetzt mit Mael ist und weil sie weiss, dass wir von Erinnerungen leben werden... Nach einem schönen und langen Telefongespräch mit dieser Frau nahmen wir dieses Geschenk an. Denn wir spürten, dass sie es ernst meint und es mehr als von Herzen kommt. Wir haben lange überlegt, wohin wir gehen sollen. Schlussendlich wollten wir etwas machen, das wir sonst nie machen würden. Und so werden wir im April 2014 für zwei Wochen nach Mauritius in ein wunderschönes Hotel reisen, wo auch Kinder willkommen sind. Wir wissen, dass vielleicht auch einige etwas "neidisch" auf so eine Nachricht reagieren könnten. Glaubt mir, ich würde nie mehr in die Ferien fahren und am Nordpool wohnen, wenn Mael dafür gesund wäre... Und wir wissen auch, dass es viele gibt, die sich mit uns freuen. Und darum teile ich auch diese wundervolle Nachricht! Wir freuen uns und sind hoffnungsvoll, dass es Mael auch noch im April so gut geht, damit wir diese Reise machen können... Bis dahin geniessen wir die Zeit zu Hause, die Zeit mit Mael und seinen zwei kleinen Brüdern. Denn wir wissen nicht, wie viel Zeit uns noch bleibt.

Am 1. August stieg ich erneut ins Flugzeug und reiste alleine nach Baltimore, um dort am Treffen der amerikanischen Niemann Pick Gesellschaft teilzunehmen. Auch wenn die Reise in jeder Hinsicht sehr anstrengend war. Es hat sich gelohnt und half uns, wichtige Entscheide bezüglich der Cyclodextrin-Therapie zu treffen. Die Sehnsucht nach meiner Familie war natürlich sehr gross. Als ich nach Hause kam, schloss ich alle meine Jungs in die Arme und ich war so froh, wieder bei ihnen zu sein. Doch bei Mael konnte ich die Emotionen der letzten Tage nicht mehr zurückhalten. Mael hat mich getröstet und gemeint - Mami, du bist ja jetzt wieder da...

Claudia Oetterli

Mai 2013 - ein erlebnisreicher Monat

Manchmal gibt es Momente, wo ich mir ganz kurz vorstelle, wie es wäre, wenn Mael geheilt werden könnte. Und zwar nicht dann, wenn es schon zu spät ist, sondern ganz bald, so dass er eine normale und vor allem gesunde Zukunft hätte und er gross und stark werden könnte. Diese Vorstellung ist so unglaublich intensiv und kaum zu beschreiben. Ich versuche mir vorzustellen, wie die Angst und die tonnenschwere Last wegfallen würden, wie wir wieder richtig glücklich und unbeschwert sein könnten und wie wunderschön das alles wäre. Ich sehe Mael auf dem Fahrrad, auf dem Weg in die Schule, wie er mit uns spricht und lacht, wie er mit seinen Freunden in den Ausgang geht, die Welt bereist, selbst eine Familie gründet und sein Leben in vollen Zügen geniesst. Aber diese Gedanken sind jeweils nur kurz und schmerzhaft und die Realität holt mich bei solchen Gedanken ganz schnell wieder ein. Denn auch wenn wir uns das alle so sehnlichst wünschen – die Chance ist so verschwindend klein und die Hoffnung hat jeden Tag zu kämpfen, dass wir sie nicht aus unserem Leben ausschliessen.

Aber diese Gedanken haben mich zu einer Erkenntnis gebracht, die mir irgendwie auch jetzt hilft, mit dieser Angst und dieser Last umzugehen. Ja, die Chance, dass Mael vom körperlichen und geistigen Zerfall verschont bleibt, ist sehr, sehr klein. Aber es ist immer noch eine Chance hier… Und somit auch die Chance für uns und ihn, dass wir vielleicht einmal die glücklichsten Menschen auf der Welt sein könnten und wir einmal zurückblicken und sagen können, dass es sich gelohnt hat, zu kämpfen und zu hoffen. Aber es ist und bleibt ein Kampf, um die Hoffnung nicht zu verlieren. Vor allem auch darum, weil die Medikamentenstudie mit dem Wirkstoff Cyclodextrin inzwischen gestoppt wurde (Details dazu hier). Umso wichtiger war es diesen Monat auch für uns, von der IV bezüglich dem Medikament Zavesca eine positive Nachricht zu bekommen. Die IV verlängert die Kostengutsprache um ein weiteres Jahr. Somit können wir wenigstens diese Ungewissheit wieder etwas beiseitelegen und wir sind sehr froh, dass Mael das Medikament weiterhin nehmen kann.

Kurz nach diesem Bescheid wurden wir einmal mehr mit der harten Realität von Niemann Pick C konfrontiert. Wir wurden von einer Mutter kontaktiert, die einen 15-jährigen Sohn und eine 10-jährige Tochter mit NPC hat. Ich hätte mir gewünscht, dass es lange keine weiteren Kinder mit NPC in der Schweiz gibt und doch bin ich froh, dass die Mutter den Kontakt zu uns gefunden hat. Der Sohn war im Alter von Mael noch gesund und ist jetzt mit 15 Jahren bereits stark von der Krankheit gezeichnet. Er spricht nicht mehr, kann nicht mehr selbständig laufen, hat Epilepsie, verschluckt sich und alles ist mühsam und schwer. Und auch das Mädchen zeigt nun auch erste Symptome. Ich sprach bis in die späte Nacht hinein mit der Mutter, die so unglaublich tapfer all die Jahre alleine ihren immer kränker werdenen Sohn gepflegt hat und nun auch die Diagnose von ihrer Tochter ertragen muss. Das Leben ist so brutal, so zerbrechlich! Ich bin erschüttert von der Geschichte und leide mit! Auch ich bin hilflos, sprachlos und bewundere die Stärke dieser Mutter, die jahrelang nicht wusste, was mit ihren Kindern los ist und überall kämpfen musste. Nach diesem Telefon brauchte ich etwas Zeit. Zeit, um mit diesem Blick in Maels Zukunft umzugehen und Zeit, um den Mut zu haben, die Familie zu besuchen. Denn für uns ist klar, dass wir diese Mutter und ihre Kindern nicht alleine lassen wollen und sie, wo wir nur können, unterstützen werden.

Am Muttertag genoss ich die Zuneigung meiner Kinder sehr und war dankbar, dass Mael mir an diesem Tag sagen konnte, dass er mich liebt. Nichts ist selbstverständlich... Ganz besonders herzig von Mael war, dass er einen Tag vor dem Muttertag im Radiostudio bei Tises Arbeit ganz spontan eine Liebeserklärung an mich gemacht hat. Mael sagt mir sehr viel, dass er mich liebt und dass er mich gern hat. Er ist sehr feinfühlig und zeigt seine Gefühle stark. Und immer wieder weine ich innerlich dabei, weil ich weiss, dass er einmal nicht mehr mit mir reden wird und er mir nicht mehr sagen kann, wie gern er mich hat. Umso schöner war darum auch seine spontane und ehrliche Liebeserklärung an mich. Vielleicht wird diese kurze Aufnahme einmal unendlich viel Bedeutung für mich haben. So wie jedes Bild, wie jedes Video und jede Aufnahme von seiner Stimme und seinen Worten. Denn nichts ist einfach nur selbstverständlich mit NPC.

So ist es auch nicht selbstverständlich, dass Mael diesen Sommer in den Kindergarten gehen kann. Mael freute sich sehr auf den Schnuppertag im Kindergarten. Er meisterte den Weg und auch sonst alles sehr gut und war glücklich und stolz. Mael sass mit den anderen Kindern im Kreis und strahlte über beide Ohren. Es ist und bleibt unvorstellbar, dass unser Engel Mael doch so anders ist als die andern Kinder in diesem Kreis. Es ist und bleibt unvorstellbar, dass er wohl nie die Chance haben wird, den gleichen Weg wie sie zu gehen. Bei der Ansprache vom Schulleiter musste ich mich zusammenreissen... Er sagte, die Kinder seien wie rohe Diamanten, die nun im Kindergarten und in der Schule geschliffen werden und auf diesem Weg ganz viele Sachen lernen werden und reifen werden. Es tut einfach so unendlich weh, dass dies für unseren Mael nicht gilt. Wir werden um alles dankbar sein, was Mael lernt und doch auch wissen, dass es eine Frage der Zeit ist, bis er es wieder verlernt und die Krankheit ihn so sehr zeichnen wird, dass er nicht mehr hier im Dorf in die Schule gehen kann. Ich versuchte so, stark zu sein. Aber vielleicht war das zuviel verlangt von mir. Vielleicht war er nicht anders möglich, als wieder einmal froh und traurig zugleich zu sein. Trotz allem sind wir dankbar, dass Mael überhaupt die Möglichkeit hat, hier im Dorf mit seinen Freunden in den Kindergarten zu gehen und so bereits jetzt gut integriert wird. Wir sind zuversichtlich, dass die Betreuung mit Hilfe einer Heilpädagogin und einer Klassenassistenz sehr gut sein wird und er sich wohl im Kindergarten fühlen wird. Mael wird seinen Weg gehen und wir werden ihm helfen, wo wir nur können.

Dieser Monat war ein Monat der Solidarität. Denn es gab einige Menschen, die für Mael und uns etwas ganz Schönes und Herzliches machten. So gab es zwei Spendenaktionen die beide in Basel waren. Michael Wenger lief einen 12-Stunden-Lauf in Basel und sammelte dabei für den Verein MAELS LEBEN Geld. Und auf dem Flohmarkt in Basel verkauften Martina und Sarah, zwei Studentinnen, trotz Regen und Kälte ihren „Plunder“. Der Erlös ging auch an den Verein MAELS LEBEN. Herzlichen Dank! Ganz speziell waren für Mael und uns auch zwei Angebote, die wir schon vor einiger Zeit bekamen und nun machen konnten. So durften wir mit einem Helikopter über die Innerschweiz fliegen und sahen dabei auch das Stadion des FC Luzern. Und schon wenige Tage später durften wir das Training des FCL besuchen und die Jungs bekamen noch Fan-Artikel. (Fotos hier) Solche Erlebnisse sind für uns sehr schön und wir nehmen sie auch gerne an. Denn wir können jetzt nicht viel mehr tun als schöne Momente schaffen, die wir stärkend in die Zukunft mitnehmen können. Wir haben den Jungs aber auch erklärt, dass solche Sachen nicht „normal“ sind, sondern dass viele Leute Mael und uns eine Freude machen wollen. Sie dürfen wissen, dass es einen Zusammenhang mit Maels Krankheit gibt. Denn wir finden es auch wichtig, dass solche Erlebnisse nicht selbstverständlich für unsere Kinder sind.

Ende Mai war mein 34. Geburtstag. Alles hat die Diagnose geändert. Auch meine eigene Sichtweise auf meinen Geburtstag. Wenn mich jemand fragt, welche Wünsche ich habe, dann habe ich keine… ausser einen. Ich habe ehrlich gesagt grosse Mühe, diesen Tag zu „feiern“. Wie kann ich auch? Ich wollte meinem Kind das Leben schenken. Ein Leben, mit vielen Jahren, vielen Erlebnissen und vielen Geburtstagen. Und wie soll ich nun meinen Geburtstag feiern, wenn ich weiss, dass mein Kind mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit nie so alt wird? Ich weiss, dass wir nichts dafür können und doch fühle ich mich an einem solchen Tag etwas schuldig. Das zu verstehen ist wohl schwierig. So schwierig, wie es auch ist zu akzeptieren, dass man seinem eigenen Kind statt ein gesundes Leben, eine tödliche Krankheit auf den Weg gegeben hat. Vielleicht brauche ich einfach noch mehr Zeit, um mir das zu „verzeihen“. Auch wenn ich weiss, dass ich überhaupt nichts dafür kann. Ich habe übrigens an diesem Tag zwei Geschenke von ganzem Herzen angenommen. Lian lernte an diesem Tag Velofahren ohne Stützräder. Und zwar mit dem Velo, das Mael vor einiger Zeit mit Stützrädern bekam, aber nie gebrauchen konnte. Und Mael lernte an diesem Tag, mit seinem neuen, sehr leichten und hochwertigen Fahrrad mit Stützrädern selbstständig zu treten. Wenn auch nur wenig. Aber auch er machte an diesem Tag einen Fortschritt, und war wie Lian glücklich und stolz über diesen Erfolg. Und ich war einfach nur dankbar, dass Lian das grösste Geschenk überhaupt hat, die Gesundheit, und Mael trotz allem mit dem was er kann, glücklich ist. Mehr zählt einfach nicht.

Einen Tag nach meinem Geburtstag besuchten wird dann die Familie mit den zwei Kindern mit Niemann Pick C. Und es wurde mir so bewusst, wie unwichtig mein Geburtstag wirklich ist. Der Besuch war sehr schön, aber natürlich auch sehr emotional und aufwühlend. Ich konnte meine Gefühle lange im Griff haben und ging offen mit den Kindern um. Dann zeigte mir die Mutter das Fotobuch von ihrem Sohn. Ich sah einen herzigen, aufgestellten und „gesunden“ Jungen. So wie es Mael jetzt auch ist. Ich musste weinen... Diese Krankheit ist und bleibt einfach grausam und es wurde mir einmal mehr klar, dass wir mit aller Liebe und aller Kraft die Momente, die wir jetzt mit Mael haben, geniessen müssen. Die Zeit wird nie mehr zurückkommen…

Ende des Monats war Maels Geschichte noch Thema in zwei publikumsträchtigen Medien - einerseits in der Schweizer Illustrierte, andererseits bei TeleZüri (mit zusätzlicher Ausstrahlung auf Tele Bärn, Tele M1 und Tele 1). Auf diese beiden Berichte hatten wir eine grosse Resonanz mit vielen herzlichen und positiven Rückmeldungen. Herzlichen Dank dafür.

Diese Medienberichte über Mael werden für eine gewissse Zeit die letzten gewesen sein. Wir möchten Mael etwas schonen. Wir versuchen im Moment vermehrt politisch Akzente zu setzen.

Claudia Oetterli

April 2013 - Achterbahn der Gefühle

Seit der Diagnose dreht sich das Meiste um Maels Krankheit und die Krankheit bestimmt auch immer und überall in irgendeiner Art und Weise unsere Gefühle. Mal ist die Hoffnung da, mal nicht. Mal kann man die Krankheit kurz verdrängen, mal wieder nicht. Mal akzeptiert man, dass es so ist und manchmal möchten wir einfach nur noch weglaufen – vor diesem Leben, dass uns so unglaublich herausfordert. Aber es gibt ihn nicht, diesen Ort, an dem NPC nicht da ist. Und es bleibt uns nichts anderes übrig als jeden Tag weiterzumachen und diesen ungewissen Weg in Maels Zukunft zu gehen.

Im April ist ein Bericht über Mael auf dem Blog der Familie Angelones erschienen. Ausserdem waren die Schweizer Illustrierte und Tele Züri bei uns zu Besuch. Deren Berichte erscheinen in Kürze. Obwohl wir bewusst einen offenen und kommunikativen Weg im Umgang mit Maels Krankheit gewählt haben, merken wir, dass wir im Moment keine weiteren Berichte machen möchten, um uns und vor allem auch Mael etwas zu schonen. Denn solche Besuche und die Auseinandersetzung mit der Krankheit sind sehr aufwühlend, belastend und auch zeitintensiv. Wir denken, dass wir mit unserer Berichterstattung bisher das Thema Niemann Pick C und seltene Krankheiten generell gut in die Öffentlichkeit tragen konnten und wir sind sicher, dass sich unsere Bemühungen irgendwie auszahlen.

Nebst der Kommunikation ist für uns auch die internationale Vernetzung extrem wichtig. Besonders mit dem englischsprachigen Raum. Ich kommuniziere oft über Facebook mit amerikanischen Familien und bin in sehr hilfreichen und aktiven Facebook-Gruppen involviert. Inzwischen haben wir auch Maels Website in einer englischen Version. Auch das wird helfen, Bewusstsein für Niemann Pick C zu schaffen. Wir haben auch entschieden, dass ich diesen Sommer zweimal in die USA fliege, um dort an NPC-Treffen teilzunehmen. Im Juni werde ich an der Parseghian Scientific Conference in der Nähe von Chicago und im August an der NNPDF Family Conference in Baltimore teilnehmen. Wenn ich an diese Reisen denke, dann habe ich ein mulmiges Gefühl. Ich werde in einem fremden Land mit einer fremden Sprache sein und während ein paar Tage gnadenlos mit dieser Krankheit konfrontiert werden. Ich werde meine lieben Männer ganz fest vermissen! Ich will mir selber ein Bild machen, wie es ist, umgeben von vielen betroffenen Kindern zu sein und, ob ein solches Treffen überhaupt für unsere ganze Familie Sinn machen würde. Ich bin gespannt – wohl auch angespannt und hoffe, dass mir diese Reise mehr nützen als emotional schaden wird.

Mal geht es besser, mal schlechter. Das trifft nicht nur auf unsere Gefühle zu, sondern auch auf Maels Gesundheitszustand. Denn die Befürchtung, dass es Mael schlechter geht und sogar noch neue Symptome hinzugekommen sind, verlor diesen Monat wieder etwas an Schrecken. Mael hatte einen guten Monat, genoss die ersten schönen Tage bei uns in unserem schönen Garten und wir können zum Glück sogar von kleineren Fortschritten berichten. Als Mael die ersten Sprünge auf dem Trampolin machte, war ihm und uns sofort klar, dass es besser geht. Stolz zeigte er mir, was er nun alles kann und wie hoch er springen kann. Ein wunderschönes Gefühl – gerade nach einem Monat, nachdem wir nicht wussten, ob es nun einfach nur noch bergab geht. NPC ist einfach nicht vorhersehbar und wir können nicht einnordnen, wieso Mael mal schlechtere, mal bessere Phasen hat. Es wird vermutet, dass irgendwelche Infekte grossen Einfluss auf den Gesundheitszustand haben und wir versuchen darum auch, ihn so gut es geht davor zu schützen. Viel können wir nicht tun und so bleiben wir einmal mehr in guter Hoffnung, dass Mael weiterhin stabil bleibt und auch mit Hilfe des Medikamentes noch lange einen guten Allgemeinzustand hat. Wir wünschen es so sehr!

Nebst den kleinen motorischen Fortschritten hat Mael einen grossen Fortschritt in seiner Selbstständigkeit gemacht. Zum ersten Mal überhaupt schlief er alleine auswärts bei seinem besten Freund Joel. Ich war sehr stolz auf ihn und es ist schön zu sehen, dass Mael sich altersentsprechend entwickelt und er weniger Mühe mit der Ablösung hat. Denn das ist für ihn im Hinblick auf den Kindergarteneintritt diesen Sommer auch sehr wichtig. Es wird wohl für ihn schon genug herausfordernd sein und ich bin froh, dass er diesen Schritt der Loslösung selber so gut macht. Wenn Mael dann im Sommer in den Kindergarten kommt, werde ich wohl mehr Mühe haben als er. Das ist für jede Mutter nicht ganz einfach. Aber bei uns kommt einfach noch mehr dazu, als nur die Ablösung. Ich geniesse die Momente mit Mael ganz bewusst und ich bin froh, dass ich in der Regel rund um die Uhr mit ihm Zusammensein kann. Denn die Zeit jetzt ist und bleibt das Kostbarste was wir haben. Ich werden meinen Schatz vermissen, jeden Morgen und bis er am Mittag wieder hier sein wird.

Der schönste Tag für Mael in diesem Monat war der 18. April. Er feierte seinen fünften Geburtstag. Er war richtig glücklich mit seiner Zebraparty, mit dem Fest mit seinen Freunden, dem Extra-Essen und mit allem Drum und Dran. Ich habe mir auch sehr Mühe gegeben und unser Haus für die Zebraparty schön dekoriert. Unser Mael war das glücklichste Zebra überhaupt. Ganz so glücklich war ich nicht, so sehr ich mir auch Mühe gab. Maels Geburtstag ist ein ganz spezieller Tag. Denn auch wenn wir versuchen, die dunklen Momente wegzuschieben, so kommen sie an diesem Tag immer wieder zurück. Maels Jahre sind begrenzt. Laut Statistik hat er jetzt bereits einen Drittel seines Lebens hinter sich. Laut Statistik wird es früher oder später Geburtstage geben, an denen er nicht mehr sagen kann, was er sich wünscht, an denen er mit den geschenkten Spielsachen nicht mehr spielen kann und er auch nicht mehr richtig wahrnimmt, was das für ein Tag ist. Laut Statistik werden wir nicht mehr als 15 Kerzen brauchen. Diese Gedanken brachte ich am Abend vor seinem Geburtstag, als ich die Geschenke einpackte, einfach nicht aus meinem Herzen. So sass ich da, inmitten von Zoo-Geschenkpapier und weinte bitterlich. Vor allem, als ich ihm ein Freundebuch einpackte. Ein Buch, in dem er seine Freunde von jetzt eintragen kann. Wie lange wird er die Namen seiner Freunde kennen? Wie lange wird er seine Freunde an seine Feste einladen können und er an deren Geburtstagsparties teilnehmen? Wie lange werden sie ihn auf seinem Weg begleiten? Wie lange… ? Wir wissen es nicht und hoffen so sehr, dass es noch so lange ist.

Grund zur Hoffnung gab es wenige Tage nach seinem Geburtstag ganz überraschend durch die Meldung der dänischen Biotech-Firma Orphazyme, die eine weitere Medikamentenstudie ankündigte. (Mehr dazu im Bereich Forschung). Wir hatten bisher nie etwas davon gehört und waren dementsprechend positiv überrascht. Es ist aber noch sehr wenig über die Studie mit dem Protein rhHSP70 bekannt und die Unsicherheit bezüglich Risiko und Nutzen ist sehr gross. Aber alleine die Tatsache, dass auch in Europa eine Medikamentenstudie in Planung ist, ist Grund zur Freude. Es bleibt zu hoffen, dass auch dieser Ansatz weiter verfolgt wird und dieses Protein eine weitere Chance auf ein längeres und vor allem besseres Leben mit NPC ist. Wir verfolgen auch diese Entwicklung gespannt weiter.

Der letzte Tag im Monat war wieder ein Tag, an dem ich zu kämpfen hatte. Denn es war der Tag, als wir vor drei Jahren mit Mael und seinen Freunden den zweiten Geburtstag feierten. Es war der Tag, als mir mein Mann am Abend etwas sagen musste, ich in seine Augen blickte und sofort wusste, dass es nun soweit ist. Ich brach zusammen. Sprichwörtlich zusammen und seit diesem Tag, nach Monaten des Hoffen und Bangens, haben wir die traurige Gewissheit, dass unser Mael unheilbar krank ist und ihn nur ein medizinisches Wunder retten kann. Dieser Tag, war ein Tag, der wie gestern war und doch ist es nun bereits drei Jahre her. Ich war froh, als dieser Tag vorbei war und hoffte, dass der neue Morgen wieder schöner anfangen wird. Das war aber leider nicht so. Denn die erste Nachricht die ich las, war traurig und frustrierend. Das NIH hat hat die Cyclodextrin-Studie bis auf weiteres gestoppt. Der Grund des Unterbruchs sind Probleme mit dem Ommaya-Reservoir, das bei den Patienten direkt im Hirn implantiert ist. Bei Beginn der Studie gab es leider bei zwei von drei Patienten bereits Infektionen und die Reservoirs wurden entfernt. Zudem hatte ein Mädchen mit NPC, dass die gleiche Behandlung privat machte, nach der Operation schwere Komplikationen und bekam eine Hirnblutung. Die Studie wurde zur Sicherheit der Kinder gestoppt und es wird nun überdenkt, wie man das Medikament sonst geben soll. Da es intravenös nicht ins Hirn gelangt, gibt es eigentlich nur eine Möglichkeit und zwar mit einer Lumbal-Punktion beim Rücken. Das allerdings ist für die Kinder körperlich sehr belastend. ABER, sehr hoffnungsvoll war der Bericht über die ersten Resultate. Sie konnten bereits jetzt mit wenigen Patienten und sogar kleiner Dosis nachweisen, dass die erhofften Resultate wirklich eintrafen und ähnlich wie bei den Tiermodellen sind. Das ist sehr erfreulich und macht wieder Hoffnung. Diese ermutigenden Resultate sind auch der Grund dafür, dass das Forschungsteam nicht bereits jetzt aufgeben wird und für Mael und andere Kinder mit NPC kämpfen wird. Wir hoffen nun so sehr, dass die Verzögerung nicht zu lange ist, dass es weitergehen kann und dass es weitere gute Resultate geben wird. Cyclodextrin wird nie eine komplette Heilung sein - aber eine weitere Chance auf ein paar Jahre mehr Leben, mehr Glück und Zuversicht. Auch wenn diese Nachricht ein Rückschlag war, es gibt sie noch die Hoffnung und wir halten weiter daran fest. Wir haben keine andere Wahl.

Claudia Oetterli

März 2013 - Maels Traum wird wahr

Der Monat März begann mit einer erfreulichen Begegnung mit Menschen, die wir eigentlich nicht kennen, aber dennoch etwas Gutes für Mael und den Verein MAELS LEBEN tun wollen. Michel Wenger ist ein begeisterter Läufer und wollte schon immer mal einen Lauf für einen guten Zweck machen. Michel las online in der BAZ von Mael und hatte nun die Idee, für Mael und den Verein MAELS LEBEN zu laufen und Spenden zu sammeln. Bei einem Besuch in Basel lernten wir ihn und seine Familie kennen und wir besprachen, wie wir ihn in diesem Engagement unterstützen können. Am 4./5. Mai 2013 nimmt er nun an einem 12 Stunden-Lauf in Basel teil und will dort möglichst viele Kilometer zurücklegen. Er hofft auf viele Spender, welche mit ihrem Beitrag den Verein MAELS LEBEN unterstützen und ihn somit zu "Höchstleistungen" antreiben. Die Einnahmen kommen vollumfänglich dem Verein zu Gute. Er geht davon aus, dass er in den 12 Stunden zwischen 80 und 100 km zurücklegen wird. Wir danken Michel bereits jetzt für diese wunderschöne Idee, dieses unglaubliche Engagement und die Solidarität! Es ist sehr schön, wenn verschiedene Menschen auf ihre ganz spezielle Art und Weise helfen wollen. Wer Michel Wenger zu Höchstleistungen antreiben will: hier der offizielle Flyer für den Spendenlauf auf der extra eingerichteten Facebook-Seite "Run4Mael - Spendenlauf für MAELS LEBEN".

Im letzten Februareintrag berichtete ich davon, dass wir bei Mael beunruhigende Beobachtungen gemacht haben und wir mehr und mehr das Gefühl bekamen, dass sich Maels Zustand verschlechtert hat. Dieses Gefühl wurden wir leider auch Anfang März nicht los. Es kamen sogar noch neue beunruhigende Beobachtungen hinzu. Ein Symptom von Niemann Pick C ist die Kataplexie. Kataplexie zeigt sich, indem Kinder bei emotionalem Verhalten kurzfristig und abrupt den Muskeltonus verlieren und in sich zusammenfallen. Es ist ein heimtückisches und irgendwie gemeines Symptom. Dann, wenn die Kinder lachen, fallen sie zusammen, stürzen und verletzten sich allenfalls. Dann, wenn die Kinder einfach nur glücklich sind, zeigt sich die Krankheit und wird unberechenbar.

Mael hat ein so wunderschönes Lachen und es gab bis anhin immer wieder Momente, wo mich sein Lachen, seine Freude und Ausstrahlung aus meiner Traurigkeit geholt und auch ein Lachen in mein Gesicht gezaubert haben. Ihn lachen zu sehen, ist schlicht und einfach wunderbar. Nun passierte es aber. Mael hatte nach dem Mittagsschlaf schlechte Laune. Ich wollte ihn aufmuntern und habe mit ihm herumgealbert. Er fand es lustig, fing fest an zu lachen und konnte fast nicht mehr aufhören. Und da geschah es. Sein Kopf fiel beim Lachen ganz schnell und heftig nach vorne. So fest, dass ich sofort mit meinen Spässen aufhörte und in mir Panik hoch schoss. Was war das? War das Kataplexie? Kann das wahr sein, dass nun dieses Symptom auch da ist? Ich berichtete unserer Ärztin von diesem Erlebnis und sie meinte, die von mir beschriebene Szene könnte durchaus Kataplexie sein. Sie gab uns den Auftrag, Mael in Zukunft genau beim Lachen zu beobachten und auch zu filmen. Denn sollte es tatsächlich Kataplexie sein, so könnten wir die Kataplexie allenfalls mit Medikamenten behandeln. Und so filmten wir unseren Engel beim Lachen und versuchten, bewusst eine solche Episode auszulösen. Wir machten ihn glücklich und gleichzeitig hielten wir Ausschau nach einem Symptom, dass wir doch lieber gar nicht sehen wollten! Es war so eine gemeine und irgendwie widernatürliche Situation. Unsere Videoaufnahmen zeigten zum Glück keine eindeutige Bestätigung vom Verdacht der Kataplexie und wir waren auch nicht mehr bereit, eine solche Situation bewusst zu provozieren. Wir haben nun mal auch wieder damit aufgehört, sein Lachen bewusst zu filmen. Wir beobachten ihn weiter und hoffen, dass wir eine solche erschreckende Episode nicht nochmals beobachten und es vielleicht auch andere Gründe gibt, wieso er an diesem Nachmittag beim Lachen eine so komische Bewegung machte. Auch wenn die Situation nun nicht wirklich akut ist und wir das Geschehene auch schon wieder etwas vergessen haben. Es hat uns etwas genommen. Ihn einfach unbeschwert beim Lachen zu geniessen, das gibt es nicht mehr. Denn wir schauen trotzdem hin wenn er lacht. Nicht nur, weil er einfach nur glücklich ist, sondern auch aus Angst, dass das Symptom doch kommen könnte und es somit ein Zeichen wäre, dass die Krankheit weiter fortschreitet. Wir hoffen nun einfach einmal mehr, dass es nicht so ist.

Ein grosses Thema war auch in diesem Monat wieder die Beschäftigung mit der Cyclodextrin-Therapie und der Frage, ob und wie wir eine solche Behandlung machen könnten. Denn nebst der Ungewissheit - was das alles bedeuten würde, wer das bezahlen würde und wie das realisierbar wäre - besteht mit einer Therapie mit dem Ommaya-Reservoir das Risiko für Infektionen im Gehirn. Unsere Ärztin in Zürich wies uns im Februar bei einem Gespräch einmal mehr auf dieses Risiko hin und wollte uns auch aus diesem Grund im Moment nicht mit der Behandlung unterstützen. Wir wollten aber eine Zweitmeinung und hatten deshalb Anfang März einen Termin im Kinderspital Luzern bei dem Arzt, der Mael vor drei Jahren behandelt und uns auch die furchtbare Diagnose mitgeteilt hat. Es war schön zu spüren, dass dieser Arzt Mael nicht vergessen hatte und er uns so gut es geht helfen möchte. Der Termin bei ihm war sehr hilfreich. Wir erfuhren mehr über dieses Ommaya-Reservoir und hatten sogar die Möglichkeit, ein Kind, dass wegen einer anderen Krankheit ein solches Reservoir hat, zu sehen und bei einer Behandlung dabei zu sein. Das war sehr hilfreich! Und wir fühlten uns auch verstanden und bestätigt, dass unsere Überlegungen und Abwägungen durchaus berechtig sind. Das Gespräch fand kurz vor unserer Abreise nach Südafrika statt und wir bekamen die "Hausaufgaben", uns klar zu werden, ob wir mit diesen Risiken wirklich umgehen könnten und wie es weitergehen soll. Eine schwere Aufgabe…

Und dann kam unsere Reise nach Südafrika immer näher. Am 13. März flogen wir mit Sack und Pack in dieses wunderschöne Land. Wir hatten die Erwartung, dass wir in Südafrika wunderschöne Erlebnisse haben werden und wir uns auch stärken konnten. Mit dieser Reise wollten wir vor allem Mael einen Traum erfüllen. Denn Mael ist ein ganz grosser Tierfan und sprach schon länger davon, dass er einmal nach Afrika reisen möchte, um dort Zebras in freier Natur zu sehen. Und nun machten wir diesen Traum war. Denn Maels Träume können wir nicht weit in die Zukunft schieben. Wir wissen nicht, ob er in ein paar Jahren noch gehen, sprechen und denken kann und wie lange er überhaupt noch reisen kann. Wir wissen nicht, was, wie und wann kommen wird und daher war es jetzt an der Zeit, eine solche Reise zu machen, auch wenn es mit drei so kleinen Jungs durchaus eine grosse Herausforderung war. Und es war wirklich die richtige Zeit. Wir hatten es wunderschön und es ging auch alles sehr gut. Wir sahen sehr viele Tiere, wunderschöne Küsten und Strände, besuchten das Kap der guten Hoffnung, fuhren mit Safari-Autos, blickten vom Tafelberg auf Kapstadt, schlenderten auf den afrikanischen Märkten, kauften den Jungs Zebras und Co, assen viel und gut und genossen jeden einzelnen stärkenden Sonnenstrahl. Mael genoss besonders die vielen Tiere, Lian die Freiheit im Sand und auf den Spielplätzen zu spielen, Nevin war so oder so immer ein Strahlemann und wir Eltern genossen die Zeit mit unseren Kindern und die Wärme. Wir versuchten, diese vielen Eindrücke mit der Kamera einzufangen. Denn Bilder werden für uns alle einmal so unendlich viel Bedeutung haben. Ein paar Bilder speziell von Mael findet man auf der Fotogalerie und weitere auf der Facebook-Seite von Mael (Teil 1/Teil 2). Und einige Bilder werden wir auf Leinwand ziehen und mit in die Zukunft nehmen. Denn das sind Augenblicke, die nie mehr zurückkommen und für uns einmal unbezahlbar sind.

Ps: Mael möchte auch einmal nach Australien. ;-) Aber das meint er nicht so ernst und wir gehen dann mal lieber im Zoo die Kangurus anschauen. Denn wenn wir mit ihn in den Zoo gehen, dann ist das auch wie ein kleiner Traum, der in Erfüllung geht.

Claudia Oetterli

Februar 2013 - die Angst lebt ständig mit

„Mami, wenn ich gross bin, werde ich dann auch ein Mann? Mhhh, sage ich nur nickend und innerlich weine ich. Er spürt meine Traurigkeit, hält mich, küsst mich und sagt: Mami, dann werde ich dich heiraten.... Nun lächle ich, weil mein kleiner Mael so unendlich viel Liebe in sich hat und er so sanft und lieb ist. Danke mein Engel, dass ich diese unglaubliche Liebe zwischen dir und mir erleben darf und ich dein Mami sein darf. Ich liebe dich!“

Solche oder ähnliche Momente haben wir ganz viele miteinander. Mael spricht so viel von seiner Zukunft und für ihn ist einfach klar, dass er gross und stark und einmal ein Mann wird. Solche Gespräche sind immer und immer wieder unendlich schwierig. Wir wissen nicht, was die Zukunft uns wann und wie bringen wird. Die Zukunft ist düster und Maels Tod ist ein ständiger Begleiter, der uns nicht mehr von der Seite weicht. Da gibt es nichts mehr schönzureden und auch die Hoffnung macht diese schmerzende Tatsache nicht weg. Wir wissen nicht, wie es sein wird, aber wir wissen ganz genau, dass uns die Liebe zu ihm niemand und nichts auf der Welt nehmen wird. Auch nicht seine schreckliche Krankheit… .

Am 11. Februar durften wir mit unserem lieben, frechen, süssen, witzigen und goldigen Lian den dritten Geburtstag feiern. Wir haben es sehr genossen! Lian war überglücklich und genoss seine zwei Partys und die ganz spezielle Aufmerksamkeit sehr. Es tat auch uns so gut zu sehen, wie glücklich und fröhlich er war. Immer wieder mache ich mir Sorgen, dass auch Lian und Nevin unter dieser Traurigkeit, die halt einfach immer wie ein Schatten in unserem Haus ist, leiden. Aber dem ist im Moment nicht so! Alle unsere Jungs sind glücklich. Und genau das ist der Grund, wieso wir versuchen, dieser Traurigkeit im Haus einen möglichst kleinen Raum zu geben.

Besonders glücklich waren unsere drei wilden Tiere über die Fasnachtstage. Zur Einstimmung auf unsere baldige Südafrika-Reise gingen wir alle als Afrika-Tiere an die Fasnacht. „Mami, das nächste Jahr werde ich als Giraffe gehen!“, sagte Mael nach der Fasnacht. Und ich nickte wieder und hoffte innerlich, dass er nächstes Jahr überhaupt noch gehen kann...

Am Valentinstag ging ich nicht etwa mit meinem Mann fein essen oder so. Nein, ich reiste nach Madrid, um dort in einem privaten Spital ein dreijähriges Mädchen mit NPC zu besuchen. Natalia heisst die kleine Kämpferin. Und sie kämpft wirklich – um ihr Leben. Denn Natalia hat einen sehr frühen und schlimmen Verlauf der Krankheit. Und auch die Mutter kämpft – wie eine Löwin und hat es geschafft, dass ihr Mädchen mit einer Sonderbewilligung die Cyclodextrin-Therapie bereits erhält, auf die wir nun alle so hoffen. Und als jüngstes NPC-Kind weltweit erhält es den Wirkstoff sogar direkt ins Hirn mit einem Ommaya-Reservoir – genau so, wie es die amerikanische Studie am NIH nun macht. Ich machte diesen Besuch, um mehr über die Therapie, die Risiken und Chancen zu erfahren. Es war eindrücklich, hilfreich, aufwühlend und traurig zugleich. Mit ganz vielen Eindrücken, Informationen und auch der Hoffnung, dass wir Mael, wenn wir wirklich wollen, auch so behandeln können, reiste ich wieder nach Hause. Aber der Entscheid für eine solche Therapie ist alles andere als einfach. Nebst den finanziellen Problemen müssen wir entscheiden, ob wir wirklich die Risiken auf uns nehmen wollen und können, um Mael vielleicht ein besseres und längeres Leben zu schenken. Die Tatsache, dass wir wirklich in Madrid die Behandlung machen könnten, brachte mich ziemlich durcheinander. Wir könnten uns durchaus vorstellen, dass wir alle zwei Wochen mit Mael nach Madrid fliegen würden und wir würden auch irgendwie das Geld dazu zusammenbringen. Zumindest für eine gewisse Zeit. Wir könnten uns sehr viel vorstellen, um sein Leben zu verbessern und zu verlängern. Aber die Ungewissheit wegen der Behandlungsrisiken ist enorm. Ein Gespräch mit unserer Ärztin Ende Monat sollte uns mehr Klarheit darüber geben und wir hofften zu erfahren, ob wir vielleicht auch in der Schweiz eine solche Sonderbehandlung machen könnten.

Immer am letzten Wochenende im Februar ist in der Schweiz der Tag der seltenen Krankheiten. Im Hinblick auf diesen Tag erhielten wir wieder ein paar Medienanfragen. So erschien ein Bericht auf Familienleben.ch, dem Mamablog vom Tagi sowie in der Luzerner Rundschau . Wir wissen, dass wir mit dem Schritt an die Öffentlichkeit auch mit Reaktionen rechnen müssen, die vielleicht aus unserer Sicht fehl am Platz sind oder sogar weh tun. Wir wissen, dass gerade das Thema Kosten für seltene Krankheiten kontrovers diskutiert wird und viele Menschen teils aus Unwissen Vorurteile gegenüber von Menschen mit seltenen Krankheiten haben. Aber ich muss mich daran gewöhnen, dass es Menschen gibt, die unseren kleinen Mael NUR als finanzielle Belastung im Gesundheitswesen sehen und dies auch klar so äussern. Das tut weh… . Denn Mael hat nichts dafür, dass er eine solch schreckliche Krankheit hat. Er hat nichts dafür, dass sein Medikament, das er bereits jetzt nimmt, so wahnsinnig teuer ist. Er hat schlicht und einfach nichts dafür und doch müssen wir Eltern wirklich für alles kämpfen. Weil es eben selten ist. Weil es eben teuer ist und weil er mit so einer Krankheit ein Waise der Medizin ist.

Am 28. Februar war der offizielle internationale Tag der seltenen Krankheiten. Für uns war es wirklich der Tag der seltenen Krankheiten. Es war DER Tag von Maels seltener Krankheit Niemann Pick C. Wir hatten am Morgen mit Mael die Jahreskontrolle Neurologie und danach das Gespräch mit unserer Ärztin rund um das Thema Cyclodextrin-Behandlung. Ich war angespannt - mehr als das. Die Neurologie-Kontrolle erfüllt mich jeweils mit grosser Angst und ich konnte es dieses Mal überhaupt nicht einschätzen, wie es Mael geht. Denn noch im Januar hatte ich das Gefühl, dass es im gut geht, dass er stabil ist und sogar leichte Fortschritte macht. Ende dieses Monats verlor ich das Gefühl und damit stieg die Angst und die Hoffnung wich. Ich beobachte bei Mael mehr Unsicherheit, mehr Gleichgewichts- und Koordinationsprobleme. Die Ataxie wird fortschreiten – und nun bringe ich dieses grässliche Gefühl nicht mehr los, dass es nun soweit ist. Dass nun der Zeitpunkt gekommen ist, wo es bergab geht und wir hilflos mitansehen müssen, wie Mael sprichwörtlich zerfällt - oder, ob es einen anderen Grund gibt für meine Beobachtungen. Die Kontrolle war daher für uns mehr als schwierig und Mael spürte das vielleicht auch. Denn er machte nicht gut mit und ein aussagekräftiges Resultat war wohl nicht möglich. So müssen wir uns weiterhin auf unsere Beobachtungen und Einschätzungen stützen und versuchen, den Schweregrad seiner Ataxie festzuhalten und künftig einzustufen. Es bleibt uns nichts anders übrig als abzuwarten, zu hoffen und zu bangen, dass es doch nicht so ist und er seinen Zustand noch länger halten kann.

Abwarten und hoffen – das ist auch das Resultat unseres Gespräches mit der Ärztin über die Cyclodextrin-Behandlung. Wir haben uns vorbereitet, ich habe viel gelesen, war in Madrid und sprach mit einer Ärztin, die bereits ein Kind mit Cyclodextrin behandelt. Wir haben viel gemacht und waren für das Gespräch bereit. Aber gleich beim Beginn merkten wird, dass es schwierig sein wird. Unsere Ärztin will uns im Moment nicht unterstützen und eine Sonderbewilligung für die Behandlung einreichen. Vereinfacht gesagt, schätzt sie den belegbaren Nutzen der Therapie im Moment noch als zu gering ein, als dass sie das Risiko für die Behandlung eingehen möchte. Ihre Empfehlung ist es, die amerikanische Studie abzuwarten und zu beobachten, wie sicher das Medikament ist und wie wirksam es wirklich ist. Aber das geht noch mindestens zwei bis drei Jahre. Und hier prallen zwei Welten aufeinander. Für uns ist es unendlich schwierig, hilflos mitanzusehen, wie Mael wertvolle Zeit verliert und es dann doch nicht sicher ist, ob Mael überhaupt je an dieser Studie teilnehmen kann. Wir verstehen zwar die Bedenken, denn auch wir haben grosse Angst vor den Risiken und der Belastung. Aber wir haben auch grosse Angst, dass Mael in nächster Zeit mehr und mehr verliert und ihm die Zeit davonläuft. Wir haben mehr als grosse Angst, dass wir diese Chance verpassen und wir ihn auf so brutale Art verlieren.

Der Entscheid für eine solch experimentelle Therapie ist sehr, sehr schwierig. Wir wissen so wenig und doch wissen wird, dass Mael ohne eine Therapie sterben wird. Jeden Tag ein bisschen…Das Gespräch war für mich sehr belastend und diese Hoffnung, die ich durch diese Therapiemöglichkeit in den letzten Wochen bekam, verschwand. Denn wieder einmal mehr wurde klar, wie grausam die Krankheit ist, wie unbesiegbar sie ist und wie aussichtslos der Kampf ist. Wir brauchen nun Zeit. Zeit, um zu entscheiden, wie es weitergehen soll und auch Zeit, um uns von diesem schwierigen Monat zu erholen. Doch zu viel Zeit können wir uns nicht nehmen. Denn Mael hat keine Zeit…

Claudia Oetterli

Januar 2013 - ein hoffnungsvoller Jahresbeginn

Der Januar fing gleich mit etwas Unruhe an. Mael klagte an einem Morgen über starke Schmerzen in der Bauchregion und wusste nicht wie liegen oder sitzen, ohne dass es ihm so unwohl war. Es war das erste Mal, dass er über solche Schmerzen klagte und so meldete ich ihn im Kinderspital Luzern an. Wir wurden mit Verständnis aufgenommen und Maels Bauchraum wurde per Ultraschall untersucht. Es war zum Glück keine Verletzung an der Milz zu sehen, aber man bestätigte, dass die Milz weiter auf 18 cm gewachsen ist und es ganz wenig Flüssigkeit im Bauchraum gibt. Diese Ergebnisse beunruhigten uns und wir verlangten nach einem Termin im Kinderspital Zürich. Bei diesem Termin erfuhren wir etwas konkreter, welche Gefahren wegen seiner sehr grossen Milz wirklich bestehen und wie wir im Notfall reagieren sollten. Ein Notfall, das heisst eine Verletzung der Milz mit inneren Blutungen, trete aber sehr selten auf und es braucht auch massive externe Einwirkung mit harten und spitzen Gegenständen. Wir diskutierten auch, was es bedeuten würde, die Milz oder einen Teil davon zu entfernen. Bei einem gesunden Kind kann man die Milz in der Regel entfernen. Ab einem Alter von 10 Jahren sei das nicht mehr so problematisch. Aber bei Patienten mit Niemann Pick C rät man davon ab. Es ist zu ungewiss, was dann mit dem neurologischen Verlauf passieren würde. Denn die Milz ist unter anderem so gross, weil sich dort Ablagerungen ansammeln. Wenn das nicht mehr in der Milz passieren kann – wo dann? Niemand kann uns sagen, was eine Entnahme der Milz für Mael bedeuten würde und das Risiko von einem schnelleren Verlauf der Krankheit ist uns viel zu gross. Für uns heisst das, dass wir nun weiter abwarten müssen und die Milz und die anderen Organe im Bauchraum regelmässiger kontrolliert werden. Wir müssen ihn vor Gefahren schützen, dürfen ihn aber nicht in seiner Bewegungsfreiheit hemmen und ihn vor allem auch im Spiel mit seinen Brüdern oder seinen Freunden nicht einschränken.

Diesen Monat erhielten wir mehrere Anfragen von Medien, die einen Artikel über Mael schreiben möchten. So lange es für Mael nicht belastend ist und wir das Gefühl haben, dass es ihn nicht stört, möchten wir auch noch weiterhin auf diesem Weg Aufmerksamkeit und Bewusstsein für Niemann Pick C schaffen und sind für Interviews und Berichterstattungen bereit. Ein Bericht erschien Anfang Januar in der Neuen Luzerner Zeitung. Weitere Berichte werden in nächster Zeit auf verschiedenen Plattformen erscheinen. Es ist schön, dass das Thema seltene Krankheit immer mehr interessiert und wir so etwas für Mael tun können. Weitere Medienberichte von Mael gibt es hier.

Gespannt warteten wir im Januar auf Nachrichten von der NIH-Cyclodextrin-Studie. Anfang Monat kam dann noch ein Dämpfer, weil die Studie von der FDA bis auf Weiteres „on hold“ gesetzt wurde. In meinem E-Mail-Postfach sah ich die Nachricht: „Update on NIH-Cyclodextrin-trail“. Schon als ich die Nachricht sah, blieb mein Herz kurz stehen. Ich hatte die Erwartung oder wohl eher die Hoffnung, dass es eine positive Nachricht ist und es nun endlich los geht mit der Studie. Umso grösser war dann die Enttäuschung, dass das nicht so war und ich fing an zu weinen. Solche Nachrichten sind nicht einfach nur enttäuschend – sie tun unendlich weh und rauben uns die Hoffnung, die wir so dringend brauchen. Zum Glück konnte das NIH die offenen Fragen dann schnell klären und schon wenige Wochen danach erhielt ich ein weiteres Mail mit der Nachricht, dass die NIH-Studie mit dem Wirkstoff Cyclodextrin nun wirklich starten kann. Und auch da weinte ich, dieses Mal aber vor Freude und die Hoffnung in mir wurde wieder grösser. Details zur Studie findet man hier.

Die Hoffnung, die der Start der Studie mir gebracht hat, war den ganzen Monat sehr präsent und half mir, mit dieser Ungewissheit und dieser ständigen Angst um Mael besser klar zu kommen. Und auch Mael half mir im Januar sehr. Er hatte einen guten Monat, war ziemlich fit und munter und hat auch wieder Fortschritte gemacht. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich gar keine Fortschritte mehr sehe vor lauter Angst wegen den kommenden Rückschritten. Alles was Mael macht - jeder Schritt, jedes Wort, jeder Blick, jede Bewegung, einfach alles - wird diese Krankheit verändern und irgendeinmal verunmöglichen. Aber jetzt ist es noch nicht so weit und Mael zeigte mir mit Freuden, was er diesen Monat gelernt hat. Er kann nun mehrmals nacheinander hüpfen wie ein Känguru, läuft in der Regel zügig und gut in die Spielgruppe und wenn er wirklich will, dann klappt es auch beim Anziehen besser. Er braucht in vielen Dingen Hilfe und vieles fällt ihm wegen seiner Krankheit schwer. Er ist aber dennoch etwas selbständiger geworden und geniesst das auch selber. So nahm er zum Beispiel zum ersten Mal alleine an einer Geburtstagsparty von einem Spielkameraden teil. Er hatte so Freude an der Einladung und war ganz stolz! Das alles sind kleine Fortschritte – und für das alles kämpfen wir weiter und geben die Hoffnung nicht auf, auch wenn die Hoffnung manchmal wie eine Kerze im Wind ist und ab und zu auch fast ganz erlischt.

Vor kurzem begann Mael mit einer alternativen Therapie in einer Praxis für ganzheitliche Medizin. Ich spürte gleich, dass die Menschen in dieser Praxis nicht nur an Abrechnungen und Einnahmen interessiert sind, sondern Mael wirklich mit ihren Möglichkeiten helfen wollen. Die Therapeuten haben Maels Website gelesen und wussten gut über seine Grunderkrankung Bescheid. Das ist sehr erfreulich und ich habe grosses Vertrauen, dass sie Mael auch mit alternativen Therapien unterstützend behandeln können. Die Osteopathie oder auch andere alternative Behandlungsmöglichkeiten bieten ein breites Spektrum an. Maels Körper arbeitet viel und braucht viel Energie. Eine Unterstützung, damit ihm das Leben in jeder Hinsicht etwas leichter fällt, ist daher sehr gut für ihn. Wir sind gespannt wie Mael auf die neuen alternativen Therapie reagiert und sind froh und dankbar, dass wir eine weitere Unterstützung im Kampf gegen Maels Krankheit gefunden haben.

Leider läuft aber nicht jede Unterstützung so einfach und sorgenfrei ab. Und leider ging es wieder einmal um das Thema IV. Wir haben festgestellt, dass wir aufgrund unserer zum Teil negativen Erfahrungen mit der IV bereits Angst davor haben, einen neuen Antrag für etwas zu stellen, dass Mael eigentlich brauchen würde. Mael braucht auch heute noch für längere Strecken einen Buggy. Dies auch, um sich mal wieder ausruhen zu können. Unser Buggy ist nun aber zu klein für Mael und so entschlossen wir uns eigentlich, bei der IV einen Reha-Buggy zu beantragen. Auch unsere Ärztin unterstützte dies. Sie gab uns aber zu Bedenken, dass bei einem Antrag für den Buggy die Gefahr besteht, dass die IV den Antrag so interpretieren könnte, dass es Mael schlechter geht und er deshalb einen Reha-Buggy braucht. Und wenn es ja Mael schlechter gehen „würde“, dann könnte die IV die Wirkung des Medikaments in Frage stellen und dieses dann vielleicht nicht mehr für das kommende Jahr bewilligen. Wir haben nun den Antrag auf Eis gelegt....

Lebe deinen Traum und verschiebe nichts auf morgen. Unter diesem Motto haben wir uns Mitte Monat spontan zu einer Reise in die Ferne entschlossen. Mael ist ein ganz grosser Tierfan und er äusserte schon lange den Wunsch, einmal nach Afrika zu reisen. Kinder haben Wünsche, die jeden Tag anders sind und vielleicht auch nicht so von Bedeutung sind. Aber diesen Wunsch wollten wir ihm und auch uns erfüllen. Und so haben wir sehr spontan eine Reise nach Südafrika gebucht. Es ist vielleicht etwas verrückt, dass wir mit drei kleinen Jungs so weit fliegen. Aber unser ganzes Leben ist seit der Diagnose verrückt. Und darum müssen und wollen wir diesen etwas verrückten Wunsch erfüllen. Denn bei uns gilt nicht, dass wir solche Reisen noch später machen können, wenn die Jungs grösser sind. Bei uns gilt nicht, dass unser Leben einfacher wird, wenn die Jungs aus dem Gröbsten raus sind. Bei uns gilt nicht, dass alle unsere Kinder noch ein ganzes Leben vor sich haben und solche Reisen später mal machen können. Nein, wir möchten jetzt noch mit Mael reisen, jetzt, wo er noch laufen, sprechen und denken kann. Jetzt noch, wo er sich bewusst auf die Reise freuen kann und sie intensiv erleben kann. Wir freuen uns schon sehr auf diese kleine Auszeit mit unserer Familie und hoffen, dass wir unendlich viele schöne Erinnerungen mit in die Zukunft nehmen können. Denn die Erinnerungen wird uns niemand und nichts auf der Welt nehmen. Und darum möchten wir so viele schöne Erinnerungen wie nur möglich schaffen. Ich sehe uns schon am Kap der guten Hoffnung stehen und ich werde ins Meer und die Wellen meinen und unseren grössten Wunsch schicken und hoffentlich ganz viel Hoffnung bekommen, die wir auf unserem schwierigen Weg in die Zukunft so dringend brauchen.

Claudia Oetterli

Dezember 2012 - Danke für dieses Jahr mit dir!

Unsere Kinder waren am 2. Dezember ganz aufgeregt. Am Abend kam der Samichlaus zu uns zu Besuch. Mael hatte die ganze Woche vorher fleissig einen Samichlaus-Vers geübt - jeden Abend im Bett. Und jeden Abend machte er es besser. Mael entwickelt sich sprachlich, abgesehen von leichten phonetischen Problemen, normal und er hat einen guten und grossen Wortschatz. Es freute uns sehr, dass er selber den Vers lernen wollte und er es auch konnte. Am Abend, als der Samichlaus dann kam, war er selbstbewusst und sagte den Vers perfekt und herzig auf. Siehe selbst: Video. Ich hielt ihn dabei, war unendlich stolz und im gleichen Moment wieder so unendlich traurig. Diese Krankheit wird ihm alles nehmen. Alles, und wir wissen nicht, wie lange Mael noch so wunderbar sprechen und denken kann. Ich konnte die Tränen nicht zurückhalten und das musste ich auch nicht. Der Samichlaus war derselbe wie letztes Jahr und wusste über Mael Bescheid. Er wusste, dass dieser Moment für uns unendlich viel Bedeutung hat und wir in diesem Moment glücklich und traurig zugleich waren.

Dass seine sprachlichen Fähigkeiten im Moment in der Norm sind, wurde dann kurze Zeit später auch von einer Entwicklungspsychologin im Kinderspital Luzern bestätigt. Mael geht halbjährlich zu dieser Kontrolle. Auf spielerische Weise macht Mael verschiedene Tests, wo vor allem seine kognitiven und feinmotorischen Fähigkeiten getestet werden. Mael hatte einen guten Tag und machte bei den meisten Tests gut mit. Wir spürten schon während dem Untersuch, dass Mael im letzten halben Jahr in allen getesteten Bereichen Fortschritte gemacht hat. Vor allem auch im Zeichnen. Mael hat zum Beispiel zum ersten Mal eine Malvorlage selbständig und schön ausgemalt und begann auch, konkrete Gegenstände zu malen. Das tat gut! Auch wenn die Entwicklungspsychologin in einigen Bereichen Defizite feststellte. Für uns ist schon alleine die Tatsache wunderbar, dass Mael überhaupt weiter Fortschritte macht und er vor allem sprachlich keine Auffälligkeiten zeigt. Mael hat in den letzten Wochen viel gebastelt, gemalt und sich mit neuen kognitiven Aufgaben beschäftigt. Die Förderung tut ihm wirklich gut, und es ist wunderbar zu sehen, dass es ihm auch hilft.

Im November fand die offizielle Gründung des Vereins MAELS LEBEN statt. Mit dem Verein wollen wir in erster Linie Mael unterstützen, aber auch andere Kinder mit seltenen Krankheiten. Hier ein Beitrag von Tele1, wo Tise im Anschluss auch über den Verein spricht. Anfänglich haben wir uns nicht aktiv um Spendengelder bemüht. Wir erhielten aber verschiedene Spenden direkt auf unser Konto. Manuela Stier, eine liebe Bekannte, die sich für Mael und andere Kinder mit seltenen Krankheiten einsetzt, hat dann für uns eine tolle Spendenaktion lanciert. Am 11. Dezember starteten wir auf der Plattform 100-days.net unser Projekt „Mael – seltene Krankheit“. Ziel war, dass wir innert 100 Tagen mindestens 10‘000 Franken für den Verein zusammenbringen. Unsere Erwartungen wurden unglaublich schnell übertroffen und wir spürten so viel Solidarität und Hilfe. Innert zehn Tagen war das Minimum von 10‘000 Franken bereits erreicht. Die Spendenaktion über diese Online-Plattform läuft nun noch bis am 20. März weiter. Auf dieser Plattform kann man online auf einfache und unkomplizierte Weise spenden. Wir sind gespannt, wie es sich weiter entwickeln wird und freuen uns über jede Spende. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle, die unser Spendenprojekt unterstützt oder es weiter verbreitet haben.

Kein Geld der Welt nimmt uns die Angst und die Sorgen um Mael. Aber es wird uns helfen, Maels Leben in Zukunft besser zu gestalten und ihm zum Beispiel auch die Chance zu geben, an internationalen Forschungsprojekten teilzunehmen. So zum Beispiel am Forschungsprojekt mit dem Wirkstoff Cyclodextrin in den USA. Im Novembereintrag habe ich bereits darüber berichtet. Diesen Monat haben wir noch mehr über die Studie erfahren und wir konnten auch an einer internationalen Online-Konferenz teilnehmen. Vieles wussten wir schon und doch erfuhren wir auch einige neue und interessante Dinge. So zum Beispiel, dass geplant ist, die Forschungsstudie in der zweiten Phase auch international durchzuführen. Denn die Forscher brauchen so viele Patienten wie nur möglich. Und da es weltweit so wenige sind, sind sie auch auf die europäischen Patienten angewiesen. Für uns wäre es eine unglaubliche Entlastung, wenn Mael irgendwo in Europa an der zweiten Phase teilnehmen könnte. Wir meldeten dann erneut unser Interesse an der zweiten Phase der Studie an und bekamen dann Per E-Mail folgende tolle Anwort: ,,it would be very possible for Mael to participate in the trail. We agree that it would be an appropriate point for Mael to be considered for pariticipation in a trial". Wir machen uns also nichts vor und auch das Forschungsteam sieht Mael als einen geeigneten Kandidaten! Das sind wunderbare News und nun müssen wir einfach dran bleiben! Die erste Phase wird mindestens ein Jahr gehen und wir hoffen nun, dass Mael so stabil wie möglich bleibt und er die Chance für eine Teilnahme in der zweiten Phase bekommt.

Noch bevor Weihnachten war, bekamen wir noch ein paar ganz tolle „Geschenke“, die uns alle sehr berührt und gefreut haben. Folgende zwei Nachrichten bekamen wir über Maels Facebook-Account: "Ich habe von dir und deiner Familie erfahren. Dabei habe ich gesehen, dass du bald einmal mit einem feuerwehrroten Helikopter fliegen darfst und du auch als Feuerwehrmann da hingehen willst. Aber weisst du denn genau was ein Feuerwehrmann alles macht, wie seine Ausrüstung genau aussieht? Und bist du schon einmal in einem grossen Löschfahrzeug gefahren und hast mit einem richtigen Schlauch gespritzt? Wenn du Lust hast, dann darfst du und deine Familie gerne einmal zu mir in die Feuerwehr Kriens kommen, damit ich dir alles erklären und zeigen kann. Ich würde mich sehr darüber freuen." Auch der FCL hat von Mael erfahren und sich gemeldet: "Liebe Familie Oetterli, wir haben von Maels Krankheit erfahren und wissen, dass Mael ein kleiner FCL-Fan ist. Gerne möchten wir die ganze Familie zu einem speziellen Trainingsbesuch inkl. Überraschung einladen! [...] Wir wünschen Mael und Euch alles Gute, viel Kraft und trotz allem schöne Festtage! Bis bald, wir freuen uns!" Es ist schön zu wissen, dass viele Leute mithelfen, damit Mael trotz allem ein erfülltes Leben hat... Herzlichen Dank! Wir freuen uns alle schon sehr!

Und dann stand Weihnachten vor der Tür. Dieses Jahr habe ich für die Jungs einen Kalender gemacht und auch das Haus schön weihnächtlich dekoriert. Weihnachten ist eine schöne Zeit und ich wollte es auch so gestalten. Je näher der Tag aber kam, desto trauriger wurde ich. Ich fiel in ein Loch. Wieso können wir uns nicht einfach auf diesen Tag freuen, auf das Lachen unserer Kinder und die strahlenden Augen? Wieso muss immer diese grausame Angst mit uns im Haus wohnen, diese Angst, dass das vielleicht die letzten Weihnachten sind, wo Mael so stabil ist. Die letzten Weihnachten, wo Mael noch mit den Geschenken spielen kann, wo er noch mit uns am Tisch selbständig ist und vor dem Baum die Weihnachtslieder mitsingt! Als ich dann am 23. Dezember am Abend eine wunderschöne Nachricht von Manuela für uns im Facebook las, musste ich mal wieder so richtig weinen. Und das tat gut. Es ging mir dann an Heilig Abend wieder besser und ich konnte den Abend mit meiner wunderbaren Familie, zusammen mit unseren lieben Eltern auch geniessen. Und der Abend war wirklich sehr schön. Die Jungs waren überglücklich, hatten grosse Freude am schön geschmückten Christbaum und den tollen Geschenken. Unsere Jungs waren wunschlos glücklich und zufrieden und das half mir mit dieser Traurigkeit und Angst besser klar zu kommen.

Silvester kam und wir feierten den Abend zu Hause. Mael hatte kurz davor noch einen üblen Magendarmvirus erwischt und war so geschwächt wie lange nicht mehr. Sein Körper verkraftet Infekte und Viren schlecht und er hat dann jeweils sehr wenig Kraft. Es ging ihm zum Glück bald wieder besser und wir hatten unseren herzigen, aufgestellten und fröhlichen Mael zurück. Wie sehr ich ihn doch schon vermisst habe. Am Abend vom Silvester assen wir was Feines zusammen und machten noch einen Spaziergang im Dunkeln. Wir nahmen Taschenlampen und Wunderkerzen mit. Auf dem Weg hielt ich an, nahm Mael fest in die Arme und schickte meinen Wunsch für das nächste Jahr zu den Sternen. Es ist nur ein Wunsch. Ein Wunsch, für den wir auch im nächsten Jahr mit all unserer Liebe und Kraft kämpfen werden.

Claudia Oetterli

 

Ich wünsche mir für das neue Jahr, dass unser Familienschiff dem ständig stürmischen Alltag weiterhin standhält, dass wir weiterhin die Kraft aufbringen für unsere drei Jungs dazusein und, dass wir weiterhin auf eine Chance für Mael hoffen dürfen.

Matthias Oetterli


November 2012 - Ein Monat der Hoffnung

Eigentlich getraue ich mich gar nicht weit in die Zukunft von Mael zu blicken. Doch im Hinblick auf den kommenden Kindergarteneintritt mussten wir das diesen Monat tun. Mael soll und darf nächsten Sommer hier in Udligenswil in den regulären Kindergarten gehen. Zum Glück erhalten heute Kinder wie Mael die Chance, trotz Krankheit oder Behinderung so lange wie nur möglich am normalen Schulalltag teilzunehmen. Mael wurde bereits jetzt für eine Integrative Schulung (IS) angemeldet und es wird nun abgeklärt, welche besondere Unterstützung er im Kindergarten braucht. Es ist die Rede von einer Heilpädagogin, die ihn ein paar Stunden pro Woche speziell betreut und von einer Tagesassistenz, die ihm auf dem Kindergartenweg und beim An- und Abziehen oder beim Gang auf die Toilette helfen wird. Doch wie wird Maels Gesundheitszustand im nächsten Sommer sein? Die Krankheit ist unberechenbar und niemand weiss, wie lange Mael noch stabil bleibt und was als nächstes kommt.

Man sagt, dass man in der Schule fürs Leben lernt. Doch für Mael wird alles eine Frage der Zeit sein, bis er alles Gelernte wieder vergisst und nicht mehr anwenden kann. Dieses Wissen ist schlicht und einfach grausam und ich kämpfe auch heute immer noch mit dieser Unsinnigkeit. Oft weine ich innerlich, wenn ich Mael die Welt erkläre und ich seine so wunderbaren Fragen beantworte. Wie viel würde ich doch geben, dass Mael wirklich für ein langes und vor allem gesundes Leben lernt – und nicht nur für eine viel zu kurze Zeit, in der er alles wieder vergisst.

Der Gedanke, dass Mael bald in den Kindergarten kommt, löst bei mir zwiespältige Gefühle aus. Einerseits bin ich dankbar, dass er überhaupt noch „gesund“ genug ist, um in den normalen Kindergarten zu gehen. Doch andererseits möchte ich ihn einfach nicht gehen lassen. Ich möchte ihn so lange wie möglich bei mir haben, da wir wissen, dass seine Zeit bei uns begrenzt ist. Ihn täglich in die Obhut anderer Menschen zu geben, verlangt von mir grosses Vertrauen und ich hoffe, dass ich das Vertrauen und die Sicherheit, dass es ihm gut gehen wird, auch bekommen werde.

Schon der Kindergarten ist leistungsorientiert und ich habe Angst, dass Mael dadurch überfordert wird. Ich habe Angst, dass er mehr und mehr merkt, dass er mit den anderen Kindern nicht mithalten kann und er dadurch verunsichert und traurig wird. Ich habe Angst, dass er ausgegrenzt wird und er zusätzlich zu seiner grossen Bürde noch emotionalen Schmerz ertragen muss, der ihn noch zusätzlich belastet. Ich habe schlicht und einfach Angst, ihn täglich gehen zu lassen und weiss aber auch, dass es das Beste für ihn ist.

Alles, was er jetzt noch lernt, ist wunderbar und wir dürfen dankbar dafür sein. Er hat die Zahlen gelernt, kennt alle Tiere und Farben, macht Puzzles, malt und bastelt, singt und spricht wunderbar und gerne. Mael darf und soll lernen. Aber - und das ist für mich das Allerwichtigste und ich möchte auch, dass alle Lehrpersonen diese Haltung teilen werden: Mael muss nichts lernen – er darf es! Wir werden Mael so gut wie es nur geht fördern und wollen ihm trotz allem auch Perspektiven für seine Zukunft geben. Denn die Hoffnung, dass Mael doch noch ein langes und gutes Leben hat, haben wir noch nicht verloren. Würden wir ihm nichts mehr beibringen und ihn nicht mehr fördern, dann hätten wir ihn schon aufgegeben. Die Gratwanderung zwischen Förderung und Überforderung wird schwierig sein. Ich hoffe, dass wir hier professionelle Unterstützung von der Schule und den involvierten Heilpädagogen bekommen.

Der 18. November 2009 hat unser Leben für immer verändert. Drei Jahre ist die Diagnose schon her. Für mich ist der Tag der Diagnose auch noch nach drei Jahren so nah und spürbar, als ob es gestern gewesen sei. Ich fühle noch genau, wie sich mein Herz zusammenzog, wie ich keine Luft mehr zum Atmen hatte und alles in mir zerbrach. Alles in mir hat sich seit dieser Zeit verändert und etwas in mir wurde mit dieser Diagnose für immer genommen. Auch wenn ich nach aussen vielleicht wieder aufgestellt wirke und auch wieder am normalen Alltag teilnehme. Das Glück, dass uns mit dieser Diagnose so brutal entrissen wurde, ist einfach nicht mehr hier und fehlt mir so sehnlichst. Ich bin vielleicht wieder etwas zufriedener und kann vor allem auch die glücklichen Momente mit meiner wunderbaren Familie geniessen. Und ich sehe auch wieder das Glück, das wir vor allem mit unseren zwei gesunden Jungs haben. Aber ich habe vergessen, wie es sich anfühlt, richtig glücklich und unbeschwert zu sein. Die Krankheit nimmt uns so viel, nicht nur unser geliebtes Kind, sondern auch ein Stück unserer Seele. Auf der Suche nach dem verlorenen Glück helfen mir am besten unseren drei Jungs, so anstrengend der Alltag mit ihnen auch ist. Denn sie sind glücklich, unbeschwert und fröhlich und schaffen es immer wieder, ein Lachen in mein Gesicht zu zaubern.

Am Jahrestag der Diagnose haben wir dieses Jahr ein Video mit Bildern von Mael online gestellt. Für jeden Monat ein Bild. Das Video soll das Bewusstsein für Niemann Pick C erweitern. Die Welt muss wissen, was NPC mit unseren Kindern macht! Denn ohne das Bewusstsein, dass es diese und andere seltene Krankheiten gibt, wird es niemals eine Chance für Kinder wie Mael geben.

Das Leben geht weiter – wenn auch nie mehr wie zuvor. Das haben wir seit der Diagnose gelernt. Anfangs dachten wir, dass sich wirklich niemand um diese Krankheit kümmert und wir waren völlig alleine. Rückblickend sehen wir, dass sowohl politisch wie auch medizinisch viel passiert ist in diesen drei Jahren. Wir haben uns selber mobilisiert und zusammen mit anderen Betroffenen in der Schweiz den Verein NPSuisse gegründet. Wir sind zuversichtlich, dass künftig auch in der Schweiz seltene Krankheiten einen besseren Stellenwert in der Gesellschaft haben und der Verein bemüht sich, die Forschung über NPC auch in Europa voranzutreiben.

Hoffnungsvoll stimmt uns aber vor allem eine Forschungsstudie am National Institutes of Health in Washington D.C.. Der Wirkstoff Cyclodextrin könnte unseren Kindern helfen, mit der Krankheit länger und besser zu leben. Ich habe mich in den letzten Wochen intensiv mit diesem Wirkstoff und der Forschungsstudie auseinandergesetzt und auch Kontakte zu Eltern (z.B. Familie Hadley) geknüpft, die bereits jetzt ihre Kinder mit diesem Medikament behandeln. Wir sehen immer mehr, dass diese Therapie im Moment die grösste Chance für Mael wäre. In der Studie wird das Medikament mit einem Ommaya-Reservoir direkt ins Hirn verabreicht, da der Wirkstoff dort am besten wirkt. Zudem könnte die Studie in einer zweiten Phase auch ausserhalb den USA stattfinden. Es ist noch viel unklar und doch fühlen wir immer mehr, dass das im Moment Maels einzige Chance auf ein Leben mit Zukunft ist. Wir können und wollen einfach nicht warten, bis die Krankheit Mael mehr und mehr zerstören wird und müssen daher bereits jetzt versuchen, ihm die beste Therapie zu ermöglichen. Ob und wie eine Teilnahme überhaupt machbar wäre, ist sehr unklar. Aber Mael hat es verdient, dass wir wenigstens alles Mögliche für ihn tun – auch wenn es so unmöglich erscheint. Wir haben ihn noch nicht aufgegeben und möchten diesen Zug der Hoffnung einfach nicht verpassen. Die aktuellsten Informationen zur Cyclodextrin-Studie gibt es hier.

Mael geht es trotz seiner ersten Symptome nach wie vor sehr gut. Er ist weiterhin stabil und wir sehen keine neuen Symptome. Es scheint, dass ihm das Medikament, das er derzeit bekommt, sehr gut hilft. Mael ist glücklich und zufrieden, herzig und süss, manchmal etwas frech und schelmisch, trotz allem voller Leben und Energie - schlicht und einfach wunderbar! Wir geben die Hoffnung nicht auf und kämpfen nun auch noch aktiver dafür, dass die Hoffnung auch noch lange bei uns bleibt.

Es war wieder ein intensiver Monat und wir durften ihn mit einem ganz schönen Anlass abschliessen. Unser kleinster Nevin feierte am 25. November seinen ersten Geburtstag. Wir haben uns sehr auf diesen Tag gefreut und es war schlicht und einfach wunderbar, dass wir trotz allem noch einmal das Glück haben, einen unbeschwerten Geburtstag zu feiern. Die Hoffnung, das Glück von unseren zwei gesunden Kindern, und das Lachen von allen unseren drei Jungs helfen uns, jeden Tag zu nehmen und trotz allem vorwärts zu schauen. Denn die Hoffnung begleitet uns Tag für Tag.

Claudia Oetterli

Oktober 2012 - Freud und Leid

Und wieder ist ein Monat um. Ein Monat, indem sehr viel lief und wir alle sehr viel erlebt haben. Anfang Monat war Mael etwas oft im Kinderspital. Die Kontrolle seiner Milz stand wieder einmal auf dem Programm. Inzwischen ist Mael ganz tapfer und er lässt den Doktor ohne Probleme mit dem Ultraschall-Gerät die Milz untersuchen. Wie wir bereits ahnten, ist seine Milz seit der letzten Kontrolle weiter gewachsen. 17 cm ist sie nun schon gross und erfüllt einen sehr grossen Teil seines Bauchraumes. Eine normale Milz eines Erwachsenen ist ca. 13cm gross. Sein kleiner Körper wird durch dieses grosse Organ stark strapaziert und wir sehen auch, dass der grosse und harte Bauch ihn immer wieder in seiner ohne hin schon eingeschränkten Bewegungsfreiheit hindert. Zudem kommt nun immer mehr die Gefahr einer Verletzung der Milz hinzu. Ein Milzriss ist momentan die akuteste Gefahr für Mael. Es sei noch nicht oft vorgekommen, wurde uns versichert. Aber wir geben trotzdem Acht und schauen, dass er sich wenn möglich nicht verletzt. Die Milz ist im Moment das sichtbarste und vor allem tastbarste Symptom seiner Krankheit. Aber doch ist es das kleinste Problem, wenn man weiss, was ihn alles noch erwarten wird.

Ein weiterer Spitalaufenthalt war eine kleine Leistenbruch-Operation. Für einmal waren wir wegen etwas ganz "normalem" und vor allem harmlosem im Spital. Und doch war es für mich wieder sehr schmerzhaft, ihn in dieser Umgebung zu sehen. Der schlimmste Moment war der, als Mael vor der Operation ein Beruhigungs-Zäpfchen bekam. Es ist wohl für alle Eltern angsteinflössend zu sehen, wie das eigene Kind plötzlich müde wird, keine Kraft mehr hat und kaum mehr sprechen kann. Aber für mich sind solche Momente schlicht und einfach brutal. Denn genau so wird es sein, wenn die Krankheit Mael mehr und mehr zerstören wird. Als Mael so da lag, sich kaum bewegen konnte und versuchte zu sprechen, da zerriss es mich fast. Die Zukunft, vor der ich so unendlich Angst habe, war in diesem Moment ganz nahe, genau bei uns in diesem Spitalzimmer. Wie soll ich das in Zukunft alles ertragen? Ich weiss es einfach nicht. Ich hoffe so fest, dass ich bis dann Kräfte entwickeln kann, die ich heute einfach noch nicht habe.

Zur Erholung von den Spitalaufenthalten gab es dann für uns alle ein paar ganz schöne Momente zusammen mit der Familie. So gingen wir mit den Jungs wieder an die Määs. Mael und Lian lieben die Mäss und freuten sich riesig. Am liebsten sitzen die beiden ins Auto-Karussell, wie sie sagen. Und da fuhren sie, unsere beiden grossen Jungs, in den Autos im Kreis herum. Und jedes Mal, wenn sie uns sahen, strahlten und lachten sie. Solche Momente tun gut. Der Gedanke, dass Mael nie ein richtiges Auto fahren wird, versuchte ich ganz schnell wieder loszuwerden. Aber solche Gedanken kommen einfach. Es gibt einfach keinen Knopf, um sie abzustellen. Freud und Trauer liegen immer und überall ganz nah beisammen und ich muss lernen, irgendwie damit umzugehen.

Ein weiteres Highlight speziell für Mael war der Besuch im Basler-Zoo mit seinem Gotti. Mael ist ein ganz grosser Tier-Fan und genoss diesen Tag in vollen Zügen. Er war unglaublich munter und fit und es war so schön zu sehen, wie er mit grosser Neugier all die Tiere bestaunte, mit der Karte schaute, wo er hin will und schlicht und einfach glücklich war.

Unsere Ärztin empfahl uns, oft mit Mael schwimmen zu gehen, da dies seinem ganzen Körper und auch seiner Lunge sehr gut tut. Im Sommer waren alle Jungs viel im Wasser und wir sind überzeugt, dass das viele Baden speziell Mael sehr gut getan hat. Darum habe ich mich nach einem Kurs umgeschaut, bei dem es vor allem um die Freude im Wasser und nicht um Abzeichen geht. Denn Leistungsdruck wollen und müssen wir, wo immer es geht, verhindern. Mael soll vor allem Spass und viel Freude haben. Dass er Freude an diesem Unterricht hat, das war schlicht und einfach nicht zu übersehen. Zu meiner ganz grossen Überraschung ging er gleich zu Beginn des Unterrichts wie die anderen Kinder auch ins Wasser, wo er überall stehen kann. Und das ganz ohne Schwimmflügel! Er wurde durch die Gruppe so gestärkt und gewann ganz viel Selbstvertrauen. Einfach toll, ihn so zusammen im Wasser mit den anderen Kindern zu sehen. Aber auch hier gab es für mich wieder ein Moment, wo die Freude und die Trauer ganz nahe zusammen lagen. Und dieses Mal so richtig brutal. Denn der Unterricht findet da statt, wo ich vor vier Jahren mit Mael ins Babyschwimmen ging. Da, wo ich vor vier Jahren noch nichts wusste und wir mit Mael unendlich glücklich waren. Plötzlich erinnerte ich mich so fest an diese so wundervolle Zeit und die Sehnsucht danach war so gross. Zudem ist das Schwimmbad in der Rodtegg, einer Stiftung für behinderte Kinder. Ich sah die Einrichtungen für die behinderten Kinder und die Rollstühle. Das wird vielleicht Maels Zuhause sein. In diesem Wasser wird er vielleicht auch in Zukunft baden – als schwerst behinderter Mensch. Ich begann zu weinen, inmitten von den fröhlichen Kindern und den Müttern, die alle nichts von Mael wussten. Zum Glück aber war eine gute und liebe Freundin da, die meine Tränen verstand und mich einfach halten konnte.

Der Kontakt mit anderen betroffenen Familien ist für uns sehr wichtig und wir bemühen uns, Kontakte zu finden und auch zu pflegen. Vor knapp einem Jahr kontaktierte mich eine Mutter aus Deutschland, die eben gerade die Diagnose NPC für ihrem damals dreijährigen Sohn bekam. Wir telefonierten und schrieben uns oft und ich bot der Familie an, dass sie uns mal besuchen. Ende Oktober war es dann soweit. Wir bekamen Besuch von einer ganz lieben Familie, die das gleiche Schicksal teilt wie wir. Ich freute mich sehr und war auch etwas nervös. Der kleine Demir ist genau wie Mael ein wunderbarer Junge und es war schön, ihn endlich persönlich zu treffen. Demir hat zum Glück noch keine neurologischen Symptome. Es geht ihm sehr gut und die Kinder konnten alle zusammen spielen und einfach nur glücklich sein. Freud und Leid - auch hier war es wieder einmal ganz nah zusammen. Für uns Eltern war dieses Treffen sehr schön und wir tauschten uns viel aus. Zum ersten Mal trafen wir Eltern, die genau wissen, wie wir fühlen, vor was wir Angst haben und was unser grösster Traum ist. Das tat so gut!

Ende Oktober fand im Kindercity Volketswil ein ganz spezieller Anlass für Kinder mit seltenen Krankheiten statt. Wir waren eingeladen und hatten sogar eine spezielle Rolle an diesem Anlass. Manuela Stier, die diesen Anlass organisierte, hat vor Monaten einen Bericht von Mael gelesen und war sehr gerührt und beindruckt. Mael wurde so mehr und mehr zum Gesicht für diesen Anlass. So wurde zum Beispiel ein Pin in Form eines Frosches gemacht, weil wir ihr mal ein Foto von Mael in einem Froschkostüm schickten. Mael durfte eine grosse Frosch-Torte anschneiden und es gab sogar einen Froschkönig-Stuhl, auf dem die Kinder Fotos machen konnten. Zudem bat Manuela Stier sogar für Spenden für Mael und Tise und ich bekamen die Gelegenheit, eine Präsentation über Mael zu machen. Der Vortrag war im Namen aller Kinder mit seltenen Kindern und wir versuchten einmal mehr, die Menschen für dieses Thema zu sensibilisieren. Dieser Anlass war ein sehr schönes und auch intensives Erlebnis und es tat gut zu sehen, dass es auch in der Schweiz Anlässe für Kinder mit seltenen Krankheiten gibt (Video zum Anlass in der Kindercity).

Ein weiterer Bericht zum Thema seltene Krankheiten mit Mael gibt es hier.

Claudia Oetterli

3. Oktober 2012 - hier und heute

Wie soll ich auch den ersten Blogeintrag beginnen. Es gibt so viele Themen und so viele Dinge, die ich hier beschreiben möchte. Vieles habe ich schon auf der Website geschrieben und doch gibt es noch so vieles über das Leben mit Niemann Pick C zu sagen. Seit der Diagnose dreht sich sehr, sehr viel, ja fast alles um Maels Krankheit. Sie ist immer und überall da und es gibt einfach kein Entrinnen - nicht mal im Schlaf. Lange habe ich damit gekämpft und mir so sehnlichst gewünscht, zurück in die Zeit vor der Diagnose zu kehren und für immer da zu bleiben. Doch mit jedem Tag, der vergeht, rückt die Krankheit und der Verlust näher und es gibt einfach keinen Ausweg. Inzwischen ist die Sehnsucht nach der Vergangenheit bei mir etwas kleiner geworden. Ich kann auch wieder Bilder und Videos von Mael vor Diagnose anschauen, ohne dass es micht fast vor Schmerz zerreisst.

Wir leben heute – hier und jetzt. Das sage ich mir immer wieder innerlich und am meisten helfen mir dabei meine drei wundervollen Kinder. Für sie bin ich jeden Tag da und sie zeigen mir jeden Tag, dass genau das "Hier und Heute" das Wichtigste im Leben ist. Und wenn ich das "Hier und Heute" so anschaue, dann ist das doch gar nicht so schlecht. Allen, auch Mael, geht es gut und meine drei Jungs sind glücklich und zufrieden. Und auch Tise und ich haben es geschafft, als Paar und als Eltern weiterhin zu funktionieren und zusammen zu halten.

Mael weiss noch nichts von seinem traurigen Schicksal. Er weiss zwar, dass er eine Krankheit hat und er deshalb auch immer wieder zur Kontrolle ins Spital muss. Aber Mael weiss nicht, was ihn erwarten wird. Er weiss nicht, dass ohne ein Wunder seine Träume nicht in Erfüllung gehen werden und, dass er nie gross und stark wie Papi wird. Mael beschränkt seine Krankheit im Moment vor allem auf die vergrösserte Milz. Er spürt zwar, dass er mit seinen Freunden und auch seinem Bruder vor allem motorisch nicht mehr mithalten kann. Aber Sorgen macht er sich deswegen nicht. Vor ein paar Monaten gab es allerdings eine Zeit, wo er mehr über seine Krankheit wissen wollte. Er stellte Fragen, ob er auch einmal einen Rollstuhl haben muss, ob er nie zur Schule gehen kann oder ob er sterben wird. Hat er doch mehr gehört und verstanden, als es uns lieb ist? Weiss er von seinem Schicksal? Solche Fragen sind jeweils sehr schwierig zu beantworten. Aber wir sind ehrlich und beantworten sie kindsgerecht und so, dass seine kleine Kinderseele damit klar kommt. Und nun sind solche Fragen für ihn anscheinend nicht mehr so brennend und er ist einfach wieder hier und heute – glücklich und zufrieden.

Wenn ich mir so überlege, wie Mael hier und heute so ist, dann gibt es nur ein Wort - wunderbar. Mael ist ein sehr aufgewecktes und sensibles Kind. Er nimmt so viel wahr und beobachtet viel. Er hat bereits sehr viel an Emotionen mitbekommen und das hat ihn auch geprägt. Wenn Mael lacht, dann öffnet es mir immer wieder mein schmerzendes Herz. Er hat ein wunderschönes und breites Lachen mit strahlenden grün-braunen Augen. Mael und ich habe ein sehr inniges und liebevolles Verhältnis. Er braucht auch sehr viel Nähe und Wärme. Und wenn ich ihn in meinen Armen halten und streicheln darf, dann gibt es immer wieder Momente, wo ich ihn einfach nicht mehr loslassen will. Niemehr, niemals! Aber das werde ich wohl oder übel einmal tun müssen. Aber nicht hier und auch nicht heute. Ich brauche ihn einfach noch so sehr!

Claudia Oetterli